14.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die große Spielsucht des
Predigers der Moderne

Dostojewskij-Roman für die Bühne »aufbereitet«


Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Fjodor M. Dostojewskij gilt als tragischer Prediger der Moderne, zumindest die Titel seiner großen Romane sind Allgemeinwissen. Dostojewskij war allerdings kein Stückeschreiber. Trotzdem bringt das Theater Bielefeld mit »Spieler« einen seiner Stoffe auf die Bühne. Premiere ist Samstag, 17. März.
Bereits in der vergangenen Spielzeit adaptierte das Theater einen berühmten Romanstoff - »Homo Faber« von Max Frisch - und auch in der nächsten Spielzeit wird es mit »Steppenwolf« von Hermann Hesse so sein. Jetzt hat sich Regisseur Thomas Dannemann des Dostojewskij-Romanes angenommen, kontrastiert den (oder die) Spieler mit der Novelle »Bei nassem Schnee«, setzt Spieler gegen Spielverderber. Dannemann schöpft vor allem auch aus Dostojewskijs Briefen an seine junge Frau. Der Regisseur: »In keinem seiner Romantexte spiegelt sich so genau wie in den Briefen wider, was Spielsucht heißt.«
Seinen Roman, so Dramaturg Uwe Bautz, schrieb der russische Autor 1866 innerhalb von 15 Tagen - ein Auftragswerk, um sich von einem Verleger und einem lastenden Schuldenberg zu befreien. Bautz: »Ein schmales Bändchen, aber stark autobiographisch.« Dostojewskij habe immer unter dem Zwang gestanden, Geld beschaffen zu müssen.
So zeigt »Spieler« eine bankrotte Gesellschaft verarmte Adeliger, die sich in einem fiktiven Kurbad ihren Beziehungs- und Geldbeschaffungsspielen hingibt. Alle warten auf den Tod der reichen Tante und die damit verbundene »Erlösung« aus aller finanzieller Not - aber die Tante reist unvermutet und quicklebendig an, um sich selbst an den Roulette-Tisch zu setzen.
Einen Roman in ein Stück zu fassen, es auf die Bühne zubringen, hat für Dannemann einen »besonderen Reiz«: »Es ist ein Versuch, gegen eingeschriebene Prosa anzukommen.«
Für Bühne und Kostüme verantwortlich ist Uta Kala, die versucht hat, alle Schauplätze gleichzeitig auf die Bühne zu bringen. Es spielen Harald Gieche, Monika Wegener, Oliver Baierl, Nicole Paul, Thomas Wolff, Alexander Swoboda, Therese Berger, Mathias Reiter, Benjamin Armbruster und Andreas Hilscher. - Nach der Premiere sind im März noch drei Vorstellungen geplant.

Artikel vom 14.03.2007