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Die große Diva wird gefeiert

Filmstar und Sängerin Zarah Leander wäre morgen 100 Jahre alt

Von Thomas Borchert
Stockholm (dpa). Zarah Leanders 100. Geburtstag wird so begangen, wie es sich bei einer unsterblich großen Diva gehört: Ein Regisseur will den Aufstieg der Schwedin mit der tiefen Stimme zum großen Star in Nazi-Deutschland verfilmen.
Zarah Leander mit Karl Martell in dem Film »La Habanera«, am 17. März, 14.15 Uhr, in der ARD.
Als schöne Sängerin im Film »Gabriela«, heute um 14 beim Kultusender 3sat zu sehen.

In Stockholm können die Landsleute der Sängerin und Schauspielerin die Uraufführung der Oper »Zarah« erleben. In Härradshammar bei Norrköping, wo Leander sich 1939 von ihren Ufa-Honoraren ein Landgut kaufte und seit 1981 begraben ist, steht die Eröffnung eines Leander-Museums an.
Auf deutschen Bühnen werden zum Geburtstag, der sich morgen zum 100. Mal jährt, unzählige Male Leander-Evergreens wie »Kann den Liebe Sünde sein?« oder »Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh'n« erklingen. Für manche ein bisschen überraschend aber feiern auch die Schweden ganz groß. Denn nach ihrer Rückkehr aus dem zerbombten Berlin war die am 15. März 1907 als Sara Stina Hedberg in Karlstad geborene Sängerin lange Zeit verfemt. Man nahm ihr die Rolle als verhätschelter Superstar unter den Fittichen von Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels übel. Und als Antikommunismus »in« war, machten immer wieder Gerüchte über eine angebliche »Meisterspionin« Leander im Dienst der Sowjetunion die Runde.
Leander wurde 1936 mit Traumhonoraren und der Aussicht auf Weltruhm nach Deutschland gelockt, weil Goebbels einen schönen Filmstar mit ähnlicher Aura wie die in die USA emigrierte Marlene Dietrich (1901-1992) brauchte. Die Schwedin erwies sich als Volltreffer. Nach ihren Erfolgen in Ufa-Filmen wie »Zu neuen Ufern« (1937), »Heimat« (1938) oder »Das Herz der Königin« (1940) kehrte sie im März 1943 heim, als die deutsche Kriegsniederlage sich für die Schwedin auch mit der Bombardierung ihrer Grunewald-Villa immer deutlicher abzeichnete.
Nach dem Krieg hat Zarah Leander wieder Bühnen-, aber keine Filmerfolge in Deutschland feiern können. Sie habe zu ihrer engen Verbandelung mit der Propaganda-Maschinerie der Nazis ein »notorisch gutes Gewissen« vermittelt, sagt die Biografin Jutta Jacobi. Sie meint weiter: »Leanders Geschichte ist typisch dafür, dass man sich im letzten Jahrhundert eben nicht aus der Politik heraushalten konnte.« Genau das aber habe die selbst für die Nazi-Ideologie wenig empfängliche Schwedin »bis zu ihrem Tod wie eine Fahne vor sich hergetragen«.
»Darf es niemand wissen, wenn man sich küsst, wenn man einmal alles vergisst?«, sang die hochgewachsene Diva auf Bühnen und vor der Kamera. Im »richtigen« Leben war sie drei Mal verheiratet und bekam zwei Kinder. Ihre ganz große Liebe soll der deutsche Komponist Michael Jary (1906-1988) gewesen sein. Leander verbrachte die letzten Jahre ihres Lebens im Rollstuhl und starb nach einem Gehirnschlag am 23. Juni 1981 in einem Stockholmer Krankenhaus. Zu ihrem 100. Geburtstag wird sie auch im »Konserthus« von Schwedens Hauptstadt geehrt; dort hatte ihre Diven-Karriere 1931 bei einer umjubelten Aufführung der »Lustigen Witwe« von Lehár begonnen.

Artikel vom 14.03.2007