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Die geheime Kommandosache

Beim Zentralabitur stehen sowohl Schüler als auch Lehrer auf dem Prüfstand

Von Michael Schläger und
Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). Mit der Klausur im Fach Deutsch beginnt am Montag, 26. März, das erste Zentralabitur in Nordrhein-Westfalen. Eine neue Erfahrung auch für rund 800 angehende Abiturienten in Bielefeld - und für ihre Lehrer.

Abi 2007 - das hat etwas von einer geheimen Kommandosache. Im Ceciliengymnasium wird Direktorin Dorothea Bratvogel am Freitag, 23. März, im Beisein ihrer Stellvertreterin Dr. Elisabeth Sahre die Themen für die Klausuren im Fach Deutsch von einer speziellen Homepage im Internet herunterladen. Ein Vorgang, der sich vor den anderen Klausurterminen wiederholen wird. Die Passwörter, die sie dafür benötigt, sind ihr bereits in zwei versiegelten Umschlägen übermittelt worden. Ausgedruckt werden dürfen die Themen nur über einen Computer, der über keinen Internetanschluss verfügt, damit auch ja kein Hacker der Aufgaben habhaft werden kann. »Die Zahl der Kopien ist auf die Zahl der Schüler beschränkt, die die Klausur auch tatsächlich schreiben«, erläutert die Schulleiterin die strengen Vorschriften. Und selbstverständlich ist, dass die Aufgaben bis zum landesweit einheitlichen Start für die Deutsch-Klausur am 26. März, 9 Uhr, im Tresor landen.
Pia Köhler und ihre 159 Mitschülerinnen und -schüler in der Jahrgangsstufe 13 des Ceci treibt unterdessen um, ob sie ausreichend genug auf die Prüfung vorbereitet sind. »Wir müssen in den drei schriftlichen Abiturfächern acht Themenkomplexe präsent haben«, sagt sie.
Konnten ihre Vorgänger zuweilen einschätzen, worauf ihre Fachlehrer den Schwerpunkt legen würden, sind jetzt für die Themen »Erwartungshorizonte« von einer Expertenrunde festgelegt worden. »Darin ist festgehalten, welche Kriterien bei einer Prüfungsaufgabe erfüllt sein sollten«, erläutert Pias Jahrgangsstufenkollege Farid Rahmani (19). »Eigene Einschätzungen und Interpretationen kommen dabei zu kurz«, meint Alessa Habermann (18). Die seien zwar erlaubt, würden aber mit weniger Punkten honoriert. »Ich finde, der Vergleichsrahmen ist zu eng gesetzt«, sagt Nils Pannhorst (19).
Während Pia, Alessa und Nils dem Zentralabi eher kritisch gegenüber stehen, ist Jannis Johannmeier (19) ein Befürworter des neuen Verfahrens. »Wir haben Probeklausuren nach den neuen Kriterien geschrieben, und die sind nicht so viel anders ausgefallen als zuvor«, berichtet er. Das Zentralabitur werde zudem zeigen, dass am Gymnasium mehr gelernt werde als an den Gesamtschulen, sagt er selbstbewusst. Dort steht ebenfalls erstmals das Zentralabi an. Auch Farid ist nicht grundsätzlich gegen die zentrale Prüfung. »Doch sie hätte besser vorbereitet sein müssen, nicht so schnell eingeführt werden dürfen.«
»Die Skepsis im Kollegium ist ebenfalls groß«, sagt Annette Cypionka-Reike, Oberstufenkoordinatorin am Ceciliengymnasium. Viele überlegten, ob ihre Schülerinnen und Schüler die »Erwartungshorizonte« auch tatsächlich ausfüllen könnten.
Mehr als 20 Jahre lang sei viel Wert auf die Fähigkeit gelegt worden, Themen eigenständig zu entwickeln und umzusetzen, meint Direktorin Dorothea Bratvogel. »Jetzt setzt ein Systemwechsel ein.« Dennoch ist sie optimistisch und drückt dem Abi-Jahrgang 2007 die Daumen: »Unsere Schülerinnen und Schüler sind so gut vorbereitet - die schaffen das.«

Artikel vom 13.03.2007