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Der Untergang wird
nochmal aufgearbeitet

Dreharbeiten am neuen »Gustloff«-Film in Stralsund

Von Martina Rathke
Stralsund (dpa). Bei Eiseskälte um minus 18 Grad verlässt am 30. Januar 1945 das Passagierschiff »Wilhelm Gustloff« den Ostseehafen von Gotenhafen (Gdingen/Gdynia) in Richtung Westen.

Die mehr als 10 000 Flüchtlinge und Wehrmachtssoldaten an Bord des völlig überfüllten Schiffes wähnen sich in Sicherheit vor der heranrückenden Roten Armee. Doch nur wenige Stunden, nachdem das einstige »Kraft durch Freude«-Vorzeigeschiff den Hafen verlassen hat, geschieht das Schreckliche: Drei Torpedos eines sowjetischen U-Boots versenken in der Pommerschen Bucht das Flüchtlingsschiff. Nur etwa 1000 Menschen überleben die wohl schlimmste Schiffskatastrophe der Neuzeit, etwa 9300 sterben, unter ihnen vermutlich annähernd 5000 Kinder. Die genauen Zahlen bleiben unbekannt, denn nicht alle Passagiere an Bord der »Gustloff« waren registriert.
Nachdem Günter Grass mit seiner Novelle »Im Krebsgang« bereits im Jahr 2002 diese dramatischen Ereignisse um Flucht und Vertreibung ins deutsche Bewusstsein hob, wird sich nun ein zweiteiliger Spielfilm dem Untergang der »Wilhelm Gustloff« widmen (das WESTFALEN-BLATT berichtete). Die Dreharbeiten für die UFA-Produktion mit dem Arbeitstitel »Hafen der Hoffnung - Die letzte Fahrt der »Wilhelm Gustloff"« haben gestern in Stralsund begonnen. Ein Sendetermin im ZDF steht noch nicht fest.
Mit einem Etat von mehr als zehn Millionen Euro ist das Flüchtlingsdrama der bisher teuerste UFA-Film, wie Produzent Norbert Sauer berichtet. Die Hauptrollen in dem prominent besetzten Flüchtlingsdrama spielen Kai Wiesinger, Heiner Lauterbach, Dana Vávrová, Detlev Buck, Ulrike Kriener und Michael Mendl.
Mitten im Set steht Heinz Schön, heute 81 Jahre alt, damals Zahlmeisterassistent auf der »Gustloff«. Seiner seemännischen Weitsicht und einem beherzten Besatzungsmitglied, das ihn im richtigen Moment aus der kalten Ostsee in ein Floß zog, verdankt der damals 18-Jährige sein Überleben. Als fachlicher Berater hat er in den vergangenen fünf Jahren eng mit Drehbuchautor Rainer Berg zusammengearbeitet. Es war nicht die erste Beratung für den ehemaligen Herforder Verkehrsdirektor, der sich seit langen dem Thema »Gustloff« widmet und über ein großes Archiv verfügt.
Im Stralsunder Hafen und in den engen Schluchten zwischen den backsteinernen Speichern entstehen in den nächsten zwei Wochen vor allem die Massenszenen von frierenden, ermüdeten und hoffenden Flüchtlingen. Ältere Männer und Mütter mit Kindern laufen durch ein Wirrwarr von Pferdefuhrwerken, Koffern und wartenden Flüchtlingen.

Artikel vom 13.03.2007