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»Eigentlich feiere ich ungern...«

Partyaffäre bringt Lippischen Landesverbandsvorsteher vor Gericht

Von Christian Althoff
Detmold (WB). In der Partyaffäre muss sich seit gestern Joachim Bünemann (54) vor dem Landgericht Detmold verantworten. Der Beamte soll als Vorsteher des Landesverbandes Lippe die Privatfeier zu seinem 50. Geburtstag über den Verband abgerechnet haben.
Staatsanwalt Frank Stegen wirft Bünemann Vorteilsnahme vor.

Die einleitenden Worte des Kammervorsitzenden entspannten die Atmosphäre und ließen die Zuhörer schmunzeln: »Sie kennen das hier ja, Herr Bünemann, sie sind ja vom Fach!«, stellte Richter Michael Reineke fest, und der Angeklagte nickte: »Ich bin quasi in der Justiz großgeworden.« Bünemanns Vater war bis 1972 Landgerichtspräsident in Detmold, er selbst machte nach dem Abitur eine Ausbildung zum Rechtspfleger. Später wurde Bünemann Amtsanwalt und durfte Kleinkriminelle anklagen.
Anfang der 70er Jahre sei er in der SPD politisch aktiv geworden, erklärte Bünemann, der vor Gericht einen selbstsicheren, ruhigen Eindruck machte. Er sei »schnell erfolgreich« gewesen und habe in der Politik Karriere gemacht. »Ich hätte auch Bundestagsabgeordneter werden können, aber als sich 2000 die Chance auftat, zum Landesverbandsvorsitzenden gewählt zu werden, habe ich die genutzt.«
Sechs Jahre sonnte sich der Wahlbeamte im Glanz dieses Postens mit annähernd 300 Mitarbeitern, außerdem nahm er 34 weitere Funktionen wahr, die das Gericht gestern auflistete - von der Verwaltungsratsmitgliedschaft bei der Sparkasse bis zum Aufsichtsratsposten beim Landestheater. Dann wurde im Herbst 2006 die Partyaffäre bekannt. Der NRW-Innenminister enthob den Vater dreier erwachsener Kinder vorläufig des Dienstes und kürzte ihm die Bezüge um 20 Prozent. Er beziehe derzeit 4000 Euro netto im Monat, sagte der Angeklagte.
»Eigentlich feiere ich ungern«, erklärte Bünemann zu Beginn seiner Aussage. Aber seine Parteifreunde hätten ihn gedrängt, zu seinem 50. Geburtstag einzuladen. Am 9. April 2002 richtete der Landesverband in Lemgo auf Schloss Brake einen Empfang auf Verbandsrechnung aus. Für die Kosten eines vorangegangenen Mitarbeiterfrühstücks, einer privaten Geburtstagsfeier am Abend sowie einen Party im Kreise seiner Familie am folgenden Samstag (mit Lachs-Lasagne und Poulardenbrust) wollte Bünemann selbst aufkommen. »Ich habe aber nie eine Rechnung erhalten, und mir gesagt: Wenn die keine schicken, musst du auch nicht hinterherlaufen«, erklärte er gestern. Das sei ein Fehler gewesen, für den er sich heute schäme.
Ganz so einfach sei die Sache nicht, warf der Vorsitzende Richter ein. Denn bereits ein Jahr zuvor habe Bünemann auch das Hochzeitsessen seiner Tochter nicht bezahlt. Der Fall sei zwar verjährt, könne aber nicht ganz außer Acht gelassen werden, sagte Reineke. Bünemann wollte sich dazu nicht äußern. Dafür packte »Kronzeuge« Wilhelm Redecker (55) aus, der frühere Direktor des Burghotels Blomberg, das zum Landesverband Lippe gehört und das Essen geliefert hatte. »Herr Bünemann bestellte mich damals in sein Büro. Er sagte, dass er das Hochzeitsessen nicht bezahlen wolle. Ich solle mir etwas einfallen lassen.« Er sei überrascht gewesen, habe aber keine Möglichkeit zum Widerspruch gesehen. »Schließlich war der Verbandsvorsteher mein oberster Chef.« Der Rechnungsbetrag von 5000 Mark sei deshalb als Werbungskosten verbucht worden. »Als dann ein Jahr später anlässlich des 50. Geburtstages 1592,50 Euro fällig wurden, sagte mir Herr Bünemann sinngemäß, ich solle genauso verfahren wie bei der Hochzeit.« Bünemann quittierte diese Aussage mit einem Kopfschütteln.
Redecker hatte die Partyaffäre im August 2006 öffentlich gemacht, weil er sich von Bünemann und anderen Verantwortlichen des Landesverbandes gemobbt fühlte, wie er erklärte. Bünemann hatte daraufhin im September 2006 die beiden Rechnungen bezahlt.
Der Prozess wird morgen fortgesetzt.

Artikel vom 13.03.2007