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Man meint, den Wind
der Pampa zu spüren

Nationalorchester, Pons und Sol Gabetta begeisterten

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Wer könnte prädestinierter sein als das Spanische Nationalorchester, wenn es darum geht, hochartifizielle Musik mit spanischem Kolorit zu Gehör zu bringen? Unter der Leitung von Josep Pons versetzten die Gäste das Pro Musica-Publikum in der fast ausverkauften Oetkerhalle in einen regelrechten Rausch.

Suchtgefahr besteht auch bei der Cellistin Sol Gabetta. Sie ist in Argentinien als Tochter französisch-russischer Eltern aufgewachsen. Um die begabte Tochter besser fördern zu können, siedelte die Familie zunächst nach Spanien und später in die Schweiz um. 2004 erregte die heute 26-Jährige als Gewinnerin des »Crédit Suisse Young Artist Award« internationales Aufsehen.
Was nicht verwundert, denn als Solistin des spanisch-folkloristisch geprägten Konzerts für Violoncello und Orchester d-Moll von Euouard Lalo ließ sie keinen Zweifel daran, dass sie -Êihrem engelhaften Wesen zum Trotz -Êeine gestandene Vollblutmusikerin ist. Musikalität und technische Perfektion gehen bei Gabetta eine dankbare Verbindung ein. Ihre impulsive Ausdrucksstärke, ihre charismatische Art zu phrasieren und akzentuieren, ihre lustvollen Springbogen-Tänze, ihre effektvollen Glissandi und nicht zuletzt das betörend dunkle Vibrato ihres 1759 von Giovanni Battista Guadagnini gebauten Cellos sorgten für höchste Bewunderung im perfekten Zusammenspiel mit dem Orchester.
Neben den leidenschaftlich-rassigen Passagen gelingen ihr die stillen nicht minder vortrefflich. So ist ihr Pianissimo-Spiel dank subtiler Bogenführung durchzeichnet von Sentiment und Zärtlichkeit. Eine ausgefallene Kostprobe dieser filigranen Feinzeichnung lieferte sie mit einer effektvollen Zugabe aus der Feder des lettischen Komponisten Peteris Vasks.
Josep Pons, der erst vor zwei Jahren mit dem Orquesta Ciudad de Granada in der Oetkerhalle reüssierte, setzt auf die Wirkung differenzierter Tempi und Dynamik sowie auf klare Zäsuren. Werken wie »Alborada del gracioso« oder »Rhapsodie espagnole« von Maurice Ravel gewinnt der Maestro somit eine geradezu bildliche Plastizität und Lebendigkeit ab. In diesem ausgeklügelten An- und Abschwellen des Orchestertuttis glaubt man, den Wind der Pampa zu fühlen und in den tremolierenden Streichern scheint sich die flirrende Luft zu materialisieren. All dies wurde vom Orchester mit größter Präzision und Lust am lautmalerischen Klangbild umgesetzt.
Als krönenden Höhepunkt servierte das Nationalorchester die beiden Suiten aus Manuel de Fallas Dreispitz-Ballett. Suite Nummer 1 versprühte Leidenschaft und wilde Urbanität, derweil Pons in Nr. 2 mit peitschendem Affetto zu einer ungeahnt orgiastischen Urgewalt fand. Solchermaßen euphorisiert erlebt man ein Publikum auch nicht alle Tage.

Artikel vom 13.03.2007