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Großer Abschied vom
letzten Böckstiegel

Sohn des großen Malers beerdigt - 250 Trauergäste

Von Dunja Henkenjohann
Bielefeld/Werther (WB). Rosen schmückten seinen Sarg. Denn die edelste aller Blumen - ob in rot, weiß oder gelb - mochte Vincent Böckstiegel am liebsten. 250 Gäste nahmen gestern Mittag in der Friedhofskapelle Werther Abschied von dem Sohn eines großen Künstlers, der selbst viel Größe hatte.

Während eines Kuraufenthalts in Bad Wörishofen/Allgäu war der 82-Jährige am Montag vergangener Woche an Herzversagen gestorben (wir berichteten). »Gott hat ihn einschlafen lassen - ein gnädiges Geschenk«, betonte Pastor Walter Schroeder, der in seiner Einführung erläuterte, warum Vincent bei seiner Geburt am 12. Februar 1925 seinen Namen bekam: Mutter Hanna und Vater Peter August Böckstiegel hatten den Vornamen nach dem großen Künstler Vincent van Gogh ausgesucht. »Feiert nicht mich und auch nicht den Tod. Feiert das Leben«, hatte sich Vincent Böckstiegel immer gewünscht. So zurückhaltend und bescheiden wie er zu Lebzeiten war, so wollte Vincent Böckstiegel auch nach dem Tod bleiben.
Und doch ließen es sich gestern mehr als 250 Gäste nicht nehmen, den Wertheraner auf seinem letzten Weg zu begleiten. Neben entfernten Familienmitgliedern, guten Freunden, Bekannten und Nachbarn nahmen NRW-Schulministerin Barbara Sommer, Staatssekretär Günter Kozlowski und Landrat Sven-Georg Adenauer Abschied. Auch Werthers Bürgermeisterin Marion Weike, ihre Amtskollegen aus anderen Kommunen des Kreises Gütersloh, Vertreter des Stadtrats und des Kreistags sowie unzählige Weggefährten und Wertheraner Bürger erwiesen ihm die letzte Ehre.
»Vincent - der Name war schon wie ein Programm«, sagte Pastor Walter Schroeder, der selbst Kollege (»Unsere Kirche«) und ein guter Freund des Verstorbenen war. »Aber das birgt auch die Gefahr, dass wir Vincent immer nur als Sohn des Malers betrachten.« Er sei ein eigener Mensch gewesen, unverwechselbar mit seinen Begabungen und Eigenheiten. »Vincent war Fotograf. Der Mann hinter, nicht vor der Kamera«, betonte der Pastor aus Bielefeld, der als Journalist unzählige Reisen mit dem Fotografen aus Werther unternommen hatte - vor allem in den Nahen Osten. »Vincent Böckstiegel hatte die Gabe, so auf die Menschen zuzugehen, dass sie ihre Scheu verloren und sich gerne von ihm fotografieren ließen. Was dabei herauskam, war mehr als eine Ablichtung: Er gab etwas zu erkennen vom Wesen dieser Menschen.«
Das habe Böckstiegel aber nie dahin gebracht, seine Fotografien in einer Ausstellung zu zeigen, bedauerte Schroeder. »Dazu seien sie zu wenig geordnet, sagte er immer. Aber wert waren sie es doch«, betonte der Pastor. Gemeinsam mit den Trauergästen sprach er posthum einem Kollegen, einem Freund, einem Menschen, der zur Familie gehörte, und dem Bürger einer Stadt, die seinen Namen trägt, seinen Dank aus. Gleichzeitig würdigte er den Träger des Bundesverdienstkreuzes, der mit seiner Schwester Sonja das Erbe des Vaters bewahrt habe, und hob »Vincents westfälisch-bäuerliche Art« heraus.
Die Trauerfeier gestalteten mit Jan Redecker, Pablo Stelbrink und Roman Dobrovolny Schüler des Evangelischen Gymnasiums Werther unter der Leitung von Lehrer Michael Henkemeier sowie Kantorin Ursula Schmolke mit. Bevor die Gäste ins Gemeindehaus einkehrten, um sich in Gesprächen gemeinsam an Vincent Böckstiegel zu erinnern, zogen sie vorbei am Familiengrab, wo seine Urne in etwa zwei Wochen im engsten Kreis bestattet wird.

Artikel vom 13.03.2007