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Nadine - ein Kinderschicksal

Tod eines vermutlich misshandelten Kindes vor Gericht

Hildesheim (dpa). Ein womöglich zu Tode gequältes Mädchen von etwa zweieinhalb Jahren verschwindet einfach - und niemandem fällt etwas auf.
Nadines Vater (Mitte) im Gerichtssaal. Foto: dpa
Die Eltern aus dem niedersächsischen Gifhorn verscharren die Leiche irgendwo im Harz, sagen nichts, geben einer später geborenen Schwester erneut den Namen Nadine und verschleiern so den Tod des älteren Mädchens. Seit gestern beschäftigt dieser Fall die große Strafkammer des Landgerichts Hildesheim.
Auf der Anklagebank sitzen der 32 Jahre alte Vater und die 30 Jahre alte Mutter. Der Staatsanwalt wirft ihnen Misshandlung und Körperverletzung mit Todesfolge vor. Sie bestreiten das, sagen, Nadine sei 2003 nach dem Sturz aus einem Hochbett gestorben.
Staatsanwalt Wolfgang Scholz beruft sich auf Zeugen: »Der Vater ging davon aus, Nadine könne eventuell nicht von ihm stammen.« Deshalb habe er die Zweijährige misshandelt. »Die Mutter tat nichts.«
Die Eltern wollen nicht sprechen, lassen von ihren Anwälten Erklärungen verlesen. Darin betonen sie, Nadines Tod sei ein Unfall gewesen. Aus Angst vor dem Jugendamt hätten sie ihn verschwiegen. Das tote Mädchen habe einige Tage in seinem Bettchen gelegen, »mit einem Teddy im Arm«. Als es anfing, »komisch zu riechen«, hätten sie Nadine schließlich im Harz »beerdigt«.
»Die darauf folgenden Wochen waren fürchterlich für uns. Wir wünschten uns ganz doll wieder eine Nadine,« lässt der Vater verlesen. Im November 2003 brachte die Frau zu Hause heimlich ein Mädchen zur Welt: »Ersatzkind Nadine«, »Neue Nadine« »Nadine Zwei« nennen die Eltern es nun oft in den Aussagen. Sie und weitere vier Kinder des Paares stehen inzwischen unter der Vormundschaft des Jugendamtes. Eine Zeugin schildert, dass sich die Ehepartner häufig geschlagen haben. Die Mutter habe auch viel getrunken. Dieser Zeugin soll die 30-Jährige im Herbst 2006 auch das Schicksal der toten Nadine geschildert haben. Die Frau ging zur Polizei.
Der Prozess wird fortgesetzt: 46 Zeugen und drei Sachverständige sollen noch gehört werden.

Artikel vom 14.03.2007