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»An Gerechtigkeit glauben«

Erzbischof Becker in Jöllenbeck beeindruckt vom Hungertuch XXL

Von Gerhard Hülsegge
(Text und Foto)
Bielefeld (WB). Werden wenigstens im Himmel die guten Menschen belohnt, die schlechten bestraft? »Gottes Gerechtigkeit ist nicht nachvollziehbar oder zu durchschauen. Wir können nur glauben«, sagte gestern Erzbischof Hans-Josef Becker in der katholischen Liebfrauen-Kirche in Jöllenbeck.

Der Gast aus Paderborn war auf Einladung der Jugendkirche in den Norden Bielefelds gekommen, um die Eucharistie zu feiern. Schließlich schmückt zurzeit das mit 200 Quadratmetern größte Hungertuch der Welt das Gotteshaus an der Wordstraße (das WESTFALEN-BLATT berichtete). Von jungen Katholiken 2006 in Berlin-Bernau angefertigt, hatte es Pastor Herbert Bittis (41) danach im Internet entdeckt und für dieses Jahr in das Dekanat Bielefeld-Lippe geholt. Der Erzbischof zeigte sich am Sonntag beeindruckt von den weltlichen wie biblischen Motiven, die das »Hungertuch XXL« zeigt.
Ob beim Hinweis auf Guantanamo, wo von den USA des Terrors Verdächtige abseits rechtstaatlicher Prinzipien gefangen gehalten werden, oder die »Kindersoldaten« in Afrika, die zum Töten missbraucht werden - überall stelle sich die Frage nach der »Gerechtigkeit vor Gottes Angesicht«, meinte Dechant Klaus Fussy. Erzbischof Becker griff das Thema in seiner Predigt unter Hinweis auf das Lukas-Evangelium (13,1-9) auf und bezeichnete das menschliche Unrecht als »Skandal«.
Gott hierfür verantwortlich zu machen, schien ihm zu kurz gegriffen. Jesus verlangt laut Bibel, selbst Buße zu tun anstatt nach Schuldigen zu suchen. »Unser Glaube«, so erklärte der kirchliche Würdenträger, ist nicht auf dem Niveau Jesu. Wir wünschen uns einen Gott, der unsere Vorurteile gefälligst vollzieht!« Dies komme einem »Unschuldswahn« in vielerlei Formen gleich. Auch im Umgang mit unserer Erde. Erzbischof Becker: »Wer sich der Ordnung der Natur widersetzt, kann mit handfesten Folgen rechnen.« Die Christen bildeten dabei eine Art »Hoffnungsgemeinschaft«, die ihr Schicksal mit Mut trage.
Mit dem Mut auch, sich für Gerechtigkeit auf Erden einzusetzen. Und in der Gewissheit, dass Gott andere Maßstäbe ansetze als der Mensch. Nicht umsonst habe Jesus sein Kreuz ertragen mit den Worten an seinen himmlischen Vater: »Du bist ja bei mir«. »Lasst erfahren, dass er auch uns nahe ist«, ermunterte Erzbischof Hans-Josef Becker alle, die Fünf- wie die über 50-Jährigen, im christlichen Glauben weiter nach Gerechtigkeit zu suchen. Getreu dem Eingangslied »Wagt euch zu den Ufern, stellt euch gegen den Strom, brecht aus euren Bahnen, vergebt ohne Zorn...«.
Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst am 3. Fastensonntag von den »newFaces« von St. Michael aus Oerlinghausen unter Leitung von Alfons Haselhorst. Björn Klöpperpieper sorgte für meditative Klänge.

Artikel vom 12.03.2007