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Die EU verpflichtet sich
zu ehrgeizigen Klimazielen

Anteil der erneuerbaren Energie soll bis 2020 aus 20 Prozent steigen

Brüssel (dpa/Reuters). Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der Klimapolitik der Europäischen Union eine als historisch gewürdigte Wende durchgesetzt.

Nach zweitägigen Beratungen mit den EU-Staats- und Regierungschefs fast ausschließlich zu diesem Thema zeigte sich die EU-Ratspräsidentin am Freitag in Brüssel »zufrieden und glücklich«. »Wir haben die Tür aufgestoßen zu einer vollkommen neuen Dimension der Kooperation in der Klimapolitik«, sagte sie.
Der britische Premier Tony Blair und Frankreichs Staatschef Jacques Chirac lobten Merkel, die erstmals die Gipfelrunde leitete. Blair und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nannten das Erreichte ein »historisches Ergebnis«.
Die EU-Staats- und Regierungschefs einigten sich darauf, den Ausstoß von Treibhausgasen bis zum Jahr 2020 um ein Fünftel gegenüber 1990 zu verringern. Wenn andere große Wirtschaftsblöcke in Asien und Amerika folgen, will die EU die CO2-Emissionen sogar um 30 Prozent reduzieren. Auch bei der verbindlichen Zielmarke eines 20-Prozent-Anteils erneuerbarer Energien bis zum Jahr 2020 im EU-Durchschnitt setzte sich Merkel weitgehend durch.
Die EU-Kommission soll jetzt diesen Wert auf die einzelnen Länder verteilen und dabei die jeweiligen nationalen Energie-Politiken berücksichtigen. Barroso kündigte an, im Herbst Vorschläge machen zu wollen.
Einige Länder setzen dabei weiter auf Atomkraft. Über diese Frage habe man »sehr gerungen«, sagte Merkel. Es könne jetzt aber zu einem »wirklichen Technologie- und Innovationsschub in Europa« kommen.
Merkel appellierte an die großen Industrienationen in der Welt und die Schwellenländer, jetzt mit der EU weitergehende Klimaschutzziele zu vereinbaren. »Die EU hat Handlungsfähigkeit bewiesen«, sagte sie. Das Thema soll ein Schwerpunkt des G8-Gipfels im Juni in Heiligendamm an der Ostsee sein.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sagte, dass die Klimaschutz-Beschlüsse auch Auswirkungen auf die Ausgabenpolitik der EU haben werden. Er sprach von »neuen Prioritäten«.
Im Kampf gegen den Klimawandel wird in der Europäischen Union wieder über die Einführung einer Steuer für Flugbenzin diskutiert. Weitere Themen sind eine Abgabe auf Flugtickets und eine schadstoffabhängige Autobesteuerung, hieß es am Freitag in Brüssel nach Abschluss des EU-Gipfels. In der Gipfel-Schlusserklärung kommen diese Punkte, die von den Finanzministern debattiert wurden, nicht vor.
Die EU-Kommission erhielt den Auftrag, dazu Berichte vorzulegen. Man sei erst am Anfang der Diskussionen, hieß es. Gerade bei der Autobesteuerung gebe es in Europa erhebliche Unterschiede.
Die Klimadebatte drängte andere Themen in den Hintergrund. Dennoch beschlossen die Regierungschefs die Bürokratiekosten in der EU um 25 Prozent bis 2012 abzubauen. Die Regierungschefs verpflichteten sich ihrerseits, dies parallel auch für die in ihren Ländern ausgelösten Bürokratiekosten zu tun. Merkel erhielt von den Regierungschefs freie Hand für die Formulierung der »Berliner Erklärung«, die am 25. März bei einem Sondergipfel in Berlin in Erinnerung an die Unterzeichnung der Gründungsverträge der EU vor 50 Jahren verabschiedet werden soll. Sie soll die Ziele der EU im 21. Jahrhundert neu definieren.

Artikel vom 10.03.2007