31.03.2007
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Ostwestfalens
Vergangenheit
Die Besucher des Heimatzentrums tauchen daher ein in eine Welt der Erinnerungen. Mitten in einer Siedlung moderner Ein- und Mehrfamilienhäuser, auf einem alten, etwa 5000 Quadratmeter großen Anwesen, wird die ostwestfälische Heimatgeschichte wieder lebendig.
Ausgangspunkt für die Reise durch das vergangene Jahrhundert ist das urige Heimathaus gleich am Eingang. Ein Rundgang durch das Gebäude mit Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer, diversen Nebenräumen, Bauerndeele und ehemaligem Schweinestall offenbart architektonisch Typisches sowie eine beachtliche Sammlung historischer Exponate. Einrichtungsgegenstände, Kleidung und unzählige Gerätschaften wurden zusammengetragen und liebevoll arrangiert von heimatverbundenen Bewohnern der Senne.
Das Besondere an dieser Ausstellung ist neben der inhaltlichen Vielfalt vor allem das beispielhafte Engagement, mit dem die Initiatoren das Projekt auf die Beine gestellt haben. Es begann 1973, als sich einige Hövelhofer Bürger zusammenfanden, um der alten plattdeutschen Sprache ihrer Heimat wieder mehr Beachtung zu schenken. Sie schlossen sich im Plattdeutschen Kreis zusammen.
Bald entstand der Wunsch, auch die Lebensumstände der Vorfahren genauer nachzuvollziehen. Doch dazu bedurfte es eines festen Domizils. Man fand es Ende der 1970er Jahre im heutigen Heimathaus, das damals noch ein abbruchreifer Kotten war. Die Gruppe mietete das Objekt und renovierte es von Grund auf.
Wenn Werner Höddinghaus, der heutige Leiter des Plattdeutschen Kreises, und sein Freund Franz Berens durch das 1908 gebaute Haus führen, wissen sie zu jedem Erinnerungsstück Interessantes zu erzählen: Das grüne Sofa und die rustikale Vitrine in der guten Stube zum Beispiel stammen noch aus der Originaleinrichtung des Hauses, der reich verzierte Pickertofen im Aufenthaltsraum wärmte früher das Elterhaus von Werner Höddinghaus, und die niedrigen Wände wurden mit traditioneller Wischtechnik bearbeitet, wie es vor 100 Jahren üblich war - ein Trend, der sich auch heute wieder großer Beliebtheit erfreut.
Immer wieder bringen Freunde und Bekannte alte Schätzchen vorbei, die sie auf Speichern, in Kellern oder Scheunen gefunden haben. Was zur Folge hat, dass das schöne Fachwerkhaus aus allen Fugen zu platzen droht. Dabei ist ein Großteil des Bestands schon ausgelagert, denn bereits 1998 war das Limit erreicht. Damals reifte die Idee, alle hauswirtschaftlichen Aspekte von den handwerklichen zu trennen. Dazu brauchte man zwangsläufig ein weiteres Gebäude. Und so wurde 2001 auf dem Gelände des Heimathauses der Grundstein für das »Haus des historischen Handwerks« gelegt. Drei Jahre dauerten die Bauarbeiten, die komplett in Eigenleistung und ohne einen Cent Lohn von den ehrenamtlichen Helfern des Plattdeutschen Kreises bewältigt wurden.
Ein Aufwand, der sich gelohnt hat: Auf etwa 400 Quadratmetern sind nun viele alte Handwerksberufe zu bestaunen - vom Tischler über den Zimmermann, den Seiler, Stellmacher, Sattler und Schmied bis hin zum Korbflechter. Angemeldete Besucher können die Handwerker auch in Aktion erleben: zum Beispiel Heinrich Grabbe, der Wagenräder herstellt, »Schmied« Stefan Thorwesten, der immer ein heißes Eisen im Feuer hat, Herbert Hörnig, der Seile flicht oder Schäfermeisterin Renate Regier, die das Schiffchen am Webstuhl hin und her flitzen lässt.
Besonders Kinder seien fasziniert vom spannenden Exkurs in die Vergangenheit, meint Franz Berens, der mit seinem Team das Angebot gern noch erweitern möchte. Ein Großteil der etwa 8000 Besucher pro Jahr sind Schulklassen, die ihren Geschichtsunterricht an die Staumühler Straße verlegen. Darüber hinaus würde der Plattdeutsche Kreis gern komplette Handwerkskurse anbieten. »Viele Kinder wissen doch heute gar nicht mehr, was Arbeit mit den Händen eigentlich bedeutet«, sagt Franz Berens. Deshalb möchten er und seine Mitstreiter Jugendliche mit entsprechenden Angeboten spielerisch an den Begriff »Arbeit« heranführen - getreu dem plattdeutschen Motto »Handwiärk hiät gollnen Boom« (Handwerk hat goldenen Boden).
Dazu bedarf es allerdings noch personeller Unterstützung. »Wir brauchen eine Dauerkraft, die die Organisation der Kurse und Besuchergruppen übernimmt«, sagt Franz Berens. Die ehrenamtlichen Betreiber des Heimatzentrums sind hierbei auf finanzielle Unterstützung angewiesen, denn sie selbst können eine solche Verstärkung nicht bezahlen. Da hilft eigentlich nur noch eins: Klappern! Denn, wie jeder weiß, gehört ja genau das zum Handwerk - oder wie die Hövelhofer auf Platt sagen würden: »Klappern höart zun Handwiärk.«
Artikel vom 31.03.2007