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Castorff muss
Gefühl zeigen

Neuer »Tatort« mit Robert Atzorn

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr: Eine attraktive Ehefrau und liebevolle Mutter prostituiert sich, um das Leben der Familie zu finanzieren. Ihr im Rollstuhl sitzender Mann weiß Bescheid, der Sohn nicht. Dann stirbt die Frau eines qualvollen Todes.
Gemütlich: Jan Castorff (Robert Atzorn) und Wanda Wilhelmi (Ursula Karven).Foto: ARD

Die »Tatort«-Folge »Liebeshunger« erzählt eine Geschichte über verschiedene Arten von Liebe, Sehnsucht und Neid. Gleichzeitig wird der Unterschied zwischen Schein und Sein thematisiert, denn nicht nur die Familie des Opfers zeigt nach außen hin eine heile Welt. Regisseur Thomas Bohn inszeniert den berührenden Krimi ohne viel Action. Die Befindlichkeiten der Personen stehen im Vordergrund.
Selbst »Tatort«-Kommissar Jan Castorff kommt nicht umhin, seine Gefühle zu zeigen. Denn als er mit seinen Kollegen in der Arbeitswohnung von Karin Freiberg (Natascha Bub) steht, wird klar, dass er das Opfer gekannt haben muss. »Als Schauspieler fand ich diese Szene natürlich wunderbar, weil sie mir die Möglichkeit gibt, mehr von Castorffs innerem Zustand zu zeigen«, sagt der 62-jährige Robert Atzorn. »Für Castorff selbst ist diese Entdeckung natürlich fürchterlich, weil er noch nie so nah bei sich, in seiner nächsten Umgebung, aufklären musste.«
Die Aufklärung des Mordes stellt Castorff und seinen Kollegen Eduard Holicek (Tilo Prückner) von der Hamburger Kriminalpolizei vor einige Schwierigkeiten. Denn bis zur überraschenden Wendung am Schluss kommen alle Männer, mit denen Karin Freiberg zu tun hatte, als Täter in Frage. »Ich zeige viele Facetten dessen, was eine Frau, die zu haben ist, bei Männern auslösen kann«, sagt Autor Rafael Solá Ferrer.
Das Thema Hausfrauensex - Prostitution ohne Anbindung ans Milieu - entdeckte Ferrer durch einen Zeitungsartikel, in dem eine Prostituierte angab, ein ganz normales Familienleben zu führen. Er fing an zu recherchieren. »Dabei stellte ich fest, dass es in Hamburg etwa 1000 bis 1500 Prostituierte gibt, die auf eigene Kappe arbeiten. Das sind fast ein Viertel von den insgesamt 6000 Prostituierten in dieser Stadt«, berichtet der Spezialist für Krimis und Thriller.
Der Film beleuchtet mögliche Gründe für die Entscheidung, seinen Körper zu verkaufen. Dass die Figur Freiberg als Hure arbeitet, kann Schauspielerin Bub verstehen. »Sie handelt aus Liebe zu ihrem Sohn, und das ist etwas, was jeder nachvollziehen kann.«

Artikel vom 10.03.2007