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Ganz ohne Eigenkapital
Vollfinanzierung einer Immobilie wird jetzt auch in Deutschland angeboten
Der typische Häuslebauer ist Mitte bis Ende 30, verheiratet und Vater zweier Kinder. Seit seinem Einstieg ins Berufsleben hat er für seinen Traum vom Haus gespart.
Doch warum legt er den Grundstein erst, wenn die Kinder dem Spielen im Garten schon fast wieder entwachsen sind? In der Regel aus finanziellen Gründen, denn die meisten Banken bewilligen keine Baukredite, wenn nicht mindestens 20 oder sogar 30 Prozent der Gesamtsumme als Eigenkapital vorhanden sind.
Bei unseren Nachbarn in den Benelux-Staaten sieht das etwas anders aus. Hier können auch junge Familien schon bauen, ohne dass sie größere Rücklagen gebildet haben oder diese antasten müssen. Ein Konzept, das jetzt auch in Deutschland verstärkt angeboten wird.
Einige Anbieter offerieren inzwischen die so genannte Vollfinanzierung, die den gesamten Kaufpreis beinhaltet (ohne Nebenkosten wie Notargebühren, Maklerprovision und Grunderwerbsteuer).
Seriöse Baufinanzierungsberater warnen allerdings davor, sich zu übernehmen, denn bei einer 100-Prozent-Finanzierung liege die monatliche Belastung um mehr als 40 Prozent über der Belastung einer 70-Prozent-Finanzierung. Oftmals fehle bei ungeplanten Kosten wie zum Beispiel einer notwendigen Autoreparatur dann schon die Liquidität.
Darüber hinaus sind zu geringe Tilgungsraten problematisch. »Wird von den Vollfinanzierern nur ein Prozent der Kreditsumme im Jahr getilgt, so sind nach zehn Jahren erst zehn Prozent der aufzubringenden Summe beglichen«, rechnet Andreas J. Zehnder vor. Der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Privaten Bausparkassen in Berlin betont, dass Vollfinanzierungen deshalb für den Normalverdiener gänzlich ungeeignet seien und - wenn überhaupt - nur tragbar für besser verdienende Berufsgruppen, die hohe finanzielle Belastungen auf Dauer tilgen können.
Zudem werde meist übersehen, dass Vollfinanzierungen hierzulande meist mit einem saftigen Zinsaufschlag angeboten werden, sagt der Baufinanzierungsexperte. »Außerdem ist die absolute Darlehenshöhe bei diesen Angeboten vielfach begrenzt und richtet sich nach der Höhe des Netto-Einkommens«, erläutert er.
Wenn in einem Doppelverdienerhaushalt aber irgendwann ein Gehalt wegfallen sollte, werde die Finanzierung schnell untragbar. Wer mit dem Gedanken spielt, irgendwann in den eigenen vier Wänden zu wohnen, sollte also lieber rechtzeitig vorsorgen und sparen. Die Finanzierungsbelastung hält sich dann in tragbaren Grenzen. Ein Darlehen in angemessener Höhe mit vereinbartem Festzins bietet zudem Schutz vor steigenden Marktzinsen.(np/hey)

Artikel vom 21.04.2007