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»Selbst eine hebräische Sternenkrieg-
Variante böte Israel keine hundertprozentige Sicherheit.«

Leitartikel
Iran/Russland

Ein Gas-Klub im Schatten der Bombe


Von Jürgen Liminski
Kein Kommentar - mit solch dürren Worten pflegen leitende Angestellte aus den Außenministerien der Veto-Staaten und Deutschlands ihre Zusammenkünfte zum Thema Iran zu beschreiben. Dann sickert meist aus französischen Quellen durch, dass die Russen sich für weniger Härte gegenüber Teheran ausgesprochen haben, und das wiederum wird dann wieder ein paar Tage später dementiert. Man kommt nicht voran mit dem Iran, aber die Mullahs kommen voran mit dem Bau der Bombe.
Spätestens Ende März wird Teheran über mindestens 3000 Zentrifugen verfügen, die kritische Anzahl, um genügend Uran für zwei Atombomben pro Jahr anzureichern. Die Mullahs wollen bis Ende des Jahres sogar auf mehr als 50 000 Zentrifugen kommen.
Wenn die offiziellen Nuklearmächte das nicht verhindern, wird es ein Anreiz für andere Staaten sein, ebenfalls die Atombombe herzustellen, schon um sich vor den Mullahs zu schützen. Man wird sich nicht mehr auf den Schutz Amerikas verlassen wollen, von den Europäern ganz zu schweigen.
Das kann eine Weltmacht wie die USA nicht hinnehmen. Zusammen mit den Saudis will man den Iran eindämmen, und der Besuch des iranischen Präsidenten in Riad zeigt, dass die Mullahs die Gefahr erkannt haben. Denn die Saudis wären klammheimlich froh über einen Militärschlag.
Sie setzen darauf, dass Israel seinen amerikanischen Verbündeten zwingt, die Atomanlagen Irans zerstören zu helfen. Israel sieht sich durch die iranische Bombe existentiell bedroht. Zwar hat die Armee jüngst ein Raketensystem getestet, mit dem es angreifende, auch nuklear bestückte Raketen in genügender Höhe vernichten kann, eine hebräische Sternenkrieg-Variante, aber eine hundertprozentige Sicherheit gibt das nicht. Atombomben können im übrigen auf dem Landweg an die Grenze zu Israel geschafft werden. Die existentielle Bedrohung bleibt, die Idee vom Militärschlag gegen iranische Anlagen ist nicht aus der Luft gegriffen.
Die russischen Warnungen davor auch nicht. Aber gerade die Haltung der Russen macht Washington zusätzlich misstrauisch. Denn der zweite geopolitische Grund für mehr Druck auf Iran oder gar einen Militärschlag ist nach der Existenzbedrohung für Israel die Sorge, dass sich unter dem Schutz der iranischen Gefahr ein Gas-Kartell bildet.
Putin hat diese Idee als »interessant« bezeichnet, aber für den Moment als unrealistisch abgetan. Gleichzeitig verhandelt er mit Algerien und sucht das Gespräch mit Katar, das mit die größten Erdgasvorkommen der Welt hat.
Die Kataris aber halten es lieber mit dem Westen. Ähnlich wie die Saudis sind sie mehr an einer Eindämmung der iranischen Diktatur interessiert. Das wird Putin nicht davon abbringen. Er denkt langfristig, und deshalb wird er den Iran im Sicherheitsrat schonen, um ihn für seine energiepolitischen Pläne zu gewinnen.
Es geht im Fall Iran um mehr als nur die Bombe und das macht die Sache so gefährlich.

Artikel vom 09.03.2007