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»Landesregierung will
Lehrer dritter Klasse«

35 Prozent weniger Gehalt als beamtete Kollegen

Von Hendrik Uffmann
Bielefeld (WB). Das Land Nordrhein-Westfalen sucht durch Seiteneinsteiger-Modelle neue Lehrer für Mangelfächer. Die Bezahlung dieser neuen Lehrer soll jedoch deutlich schlechter werden als die bereits aktiver Kollegen.

Das hat heftige Kritik bei den Teilnehmern einer Informationsveranstaltung am Studienseminar Bielefeld hervorgerufen. Das Studienseminar an der Fachhochschule ist landesweit eines von 50, an denen die angehenden Lehrer neben ihrem Dienst in der Schule ausgebildet werden. 180 Referendare waren zu der Veranstaltung gekommen, um sich über die geänderten Bedingungen beim Lehrerberuf zu informieren.
Der Protest richtet sich vor allem gegen zwei Neuerungen: Eine Verbeamtung der Lehrer ist nur noch bis zum 35. Lebensjahr und nicht wie bislang bis 45 möglich, und durch den neuen Tarifvertrag werden künftige Lehrer bei der Bezahlung nochmals schlechter gestellt als Kollegen, die auch jetzt schon im Angestellten-Status sind. »Damit wird es Lehrer dritter Klasse geben«, kritisiert Nils Donat, Sprecher der Bielefelder Gruppe der »Initiative gegen die massive Verschlechterung für neu eingestellte Lehrer in NRW«. Was auf die künftigen Lehrer zukommt, sei vielen von ihnen nicht bewusst, sagte Donat.
Darüber klärten sie auch Jürgen Ploch von der »Schutzgemeinschaft Angestellter Lehrer und Lehrerinnen« (SCHALL) und Berthold Paschert vom Landesverband NRW der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) auf. »Angestellte Lehrer bekommen etwa 20 Prozent weniger Geld als beamtete Lehrer, bei den neu einzustellenden Kollegen sind es sogar bis zu 35 Prozent weniger«, sagte Paschert. Dies könne - je nach Familienverhältnissen - 700 bis 1000 Euro monatlich weniger bedeuten.
Betroffen davon sind laut Paschert mehrere tausend der derzeit 14 000 Referendare in Nordrhein-Westfalen. Vor allem diejenigen, die als Seiteneinsteiger in den Lehrerberuf wollen. »Die Landesregierung macht massiv Werbung, um die Lücken in den Mangelfächern zu füllen, und gleichzeitig verschlechtert sie die Bezahlung der neuen Lehrer«, sagt Jürgen Ploch. Hinzu komme, dass für viele ihr späteres Gehalt erst nach der Einstellung feststehe. »Wer also als Seiteneinsteiger einen anderen Beruf aufgibt weiß nicht einmal, was ihn finanziell erwartet.«
Die Folge sei, dass viele Referendare sich nach Stellen in anderen Bundesländern umschauten, weil sie dort noch bis 45 - in Bremen sogar bis 50 Jahre - verbeamtet werden können - mit der daraus resultierenden besseren Bezahlung. Berthold Paschert: »NRW bezahlt die Ausbildung der Lehrer, und die anderen Länder profitieren davon.« Die GEW fordert deshalb eine Heraufsetzung der Verbeamtungsgrenze auf 45 Jahre, SCHALL hat sich unabhängig vom Beamtenstatus eine einheitliche Bezahlung der Lehrer zum Ziel gesetzt. Ferner laufe bereits eine Aktion, bei der die Referendare auf dem Dienstweg eine Feststellung ihres künftigen Gehaltes erreichen wollen.

Artikel vom 12.03.2007