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Kripo zieht ab:
Fanta-Mord
nicht aufgeklärt

Nur noch zwei Beamte im Einsatz

Von Christian Althoff
Minden (WB). 353 Vernehmungen, 190 DNA-Untersuchungen: Elf Wochen lang hat die 14-köpfige »Mordkommission Kühlschrank« alles versucht, um den Giftmord an BASF-Arbeiter Johann I. (44) aus Petershagen aufzuklären - vergeblich. Jetzt wurden die Beamten aus Minden abgezogen.

»Die Akte ist zwar noch nicht geschlossen, aber wir haben kaum noch Spuren, denen wir nachgehen könnten«, sagte Staatsanwalt Christoph Mackel gestern. Es gebe so wenig Fakten, dass man nicht einmal die Fallanalytiker des Landeskriminalamtes in die Ermittlungen habe einbinden können. Deshalb seien jetzt nur noch zwei Beamte mit dem Fall betraut. »Die Situation ist unbefriedigend - für uns, die Hinterbliebenen und die BASF-Mitarbeiter«, erklärte Mackel.
Die Nachricht vom Fanta-Mord hatte am 19. Dezember nicht nur die 480 Mitarbeiter der Mindener BASF-Niederlassung geschockt. Am Vorabend hatte Chemiearbeiter Johann I. eine mit seinem Namen gekennzeichnete Fanta-Flasche aus dem Kühlschrank genommen und einen Schluck getrunken. Er brach zusammen und starb Stunden später im Mindener Klinikum - vergiftet mit Natriumzyanid, das in dem BASF-Werk verarbeitet wird.
»Die Polizei brauchte den Mörder doch nur in der Belegschaft zu suchen. Kann das denn so schwierig sein?«, fragte gestern Anna B. (41) aus Hiddenhausen, die trauernde Lebensgefährtin des Opfers. »Unser Problem ist, dass wir kein Motiv finden konnten«, erklärt dazu Staatsanwalt Mackel. Das Opfer sei unbescholten und habe ein ganz normales Leben geführt, im Kollegenkreis sei Johann I. sogar sehr beliebt gewesen. Mackel: »Wir können noch nicht einmal mit Sicherheit sagen, dass der Mordanschlag ihm gelten sollte.« Denn der Mörder hatte auch noch die Mezzomix-Flasche eines anderen Arbeiters vergiftet, die ebenfalls in dem Kühlschrank gestanden hatte.
Auf den Plastikflaschen waren DNA-Spuren sichergestellt worden. Der Abgleich mit Speichelproben von 190 BASF-Mitarbeitern ist zwar noch nicht abgeschlossen, aber große Hoffnungen machen sich die Ermittler nicht: Zum einen haben mehrere Arbeiter die Flaschen nach dem Zusammenbruch ihres Kollegen angefasst, um daran zu schnuppern. Zum anderen spricht einiges dafür, dass der Mörder Handschuhe getragen hat - denn bei Zyanid kann schon der bloße Hautkontakt tödlich sein.
Im Bielefelder Polizeipräsidium sind jetzt noch Arno Wittop und Martin Wowro mit dem Fall befasst - zwei erfahrene Mordermittler, die nun die letzten eintreffenden DNA-Gutachten auswerten sollen. »Die Mordkommission hat alles versucht. Jetzt kann uns nur noch der Zufall weiterhelfen«, meinte Mackel.
Dass der Anschlag als eine Art Fanal von einem der 130 BASF-Mitarbeiter begangen worden sein könnte, die Tage zuvor die Kündigung bekommen hatten - für den Staatsanwalt ist das »nicht mehr als eine Spekulation«. Auch habe man geprüft, ob irgendein entlassener Arbeiter einen Vorteil aus dem Tod von Johann I. gezogen habe, aber nichts entdecken können.
Anna B. fährt jede Woche nach Petershagen-Lahde, um das Grab ihres Lebensgefährten zu besuchen. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Johanns Mörder auf Dauer mit dieser großen Schuld leben kann«, sagt die 41-Jährige. Sie hofft: »Irgendwann muss er sein Gewissen erleichtern, und dann werde ich endlich die Wahrheit erfahren.«

Artikel vom 08.03.2007