07.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

EU-Gerichtshof ärgert Fiskus

AnlegerkönnenSteuernzurückfordern

Luxemburg/Berlin (dpa). Frohe Nachricht für deutsche Anleger, Hiobsbotschaft für die Finanzminister: Aktionäre können nach einem Grundsatzurteil des höchsten EU-Gerichts beim Fiskus nachträglich Steuergutschriften für Auslandswertpapiere einfordern.

Den deutschen Staatskassen drohen daher Steuerausfälle von bis zu fünf Milliarden Euro. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kippte gestern in Luxemburg die bis Ende 2000 in Deutschland praktizierte steuerliche Benachteiligung bei Dividendenzahlungen von Auslandsunternehmen.
Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) kritisierte den Richterspruch scharf und befürchtet »schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen«. Nach Angaben des Ministers entfällt die Hälfte der fünf Milliarden Euro auf den Bund.
Der exakte Steuerausfall hänge von den Anträgen auf Steuererstattung ab. Berlin hatte gehofft, dass der EuGH die Auswirkungen seines Urteils auf die öffentlichen Haushalte berücksichtigt und die Rückwirkung zeitlich beschränkt. Die obersten EU-Richter lehnten aber eine zeitliche Beschränkung der Urteilswirkung in dem nun entschiedenen »Fall Meilicke« rundweg ab.
Die vom EuGH beanstandete frühere Regelung hatte eine Steuergutschrift für Dividenden im Rahmen der Einkommenssteuer ausgeschlossen, wenn die auszahlende Gesellschaft ihren Sitz nicht in Deutschland hatte.
Aus Sicht der obersten EU-Richter verstieß dies gegen den freien Kapitalverkehr in der EU. Sie kippten die Vorschrift aus zwei Gründen: Zunächst behindere sie Anleger, die Ausschüttungen von ausländischen Unternehmen erhalten. Zudem würden ausländische Unternehmen eingeschränkt, in Deutschland Kapital zu sammeln.
Ein Sprecher des Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagte in Düsseldorf, das Urteil sei nicht überraschend. Im Endeffekt würden vermutlich nur sehr wenige Anleger betroffen sein, nämlich jene, deren Steuerbescheide bis zum Jahr 2000 noch nicht rechtskräftig seien. Nur diese hätten die Möglichkeiten, ihr Geld zurückzubekommen.
Die von Steinbrück genannte Zahl von bis zu fünf Milliarden Euro, der der Bund möglicherweise zurückzahlen müsse, hielt er für zu hoch gegriffen. In Deutschland hatten Privatleute gegen die steuerliche Regelung geklagt.

Artikel vom 07.03.2007