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Trotz »Nullnummer« ist die Koalition noch nicht am Ende

Auch wenn wenig erreicht wurde: SPD und CDU sehen weiter Gemeinsamkeiten

Von Reinhard Brockmann
Berlin (WB). Ohne handfeste Ergebnisse, stattdessen Vertagung und Arbeitskreise: Der Koalitionsausschuss ging Dienstagfrüh so auseinander, wie er am Montagabend im Kanzleramt zusammen getreten war. Ist die Koalition am Ende?

»Unsinn«, sagt der SPD-Angeordnete Rainer Wend: »Die Gespräche haben in guter Atmosphäre stattgefunden. Beim Thema Mindestlohn hat es erkennbare Fortschritte gegeben und ich habe die Hoffnung, dass wir hier zu einer vernünftgen Lösung kommen.« Ganz ähnlich sehen das die meisten Abgeordneten aus den Koalitionsfraktionen und auch Wends Bielefelder CDU-Kollegin Lena Strothmann widerspricht: »Weiteren Gesprächsbedarf zur Krise hoch zu stilisieren, wäre stark übertrieben.« Nicht Koalitionsrunden, sondern das Parlament sei der Ort der Entscheidung, stellt Steffen Kampeter (CDU) klar. Auch dort werde die Union deutlich machen, dass Familien bei ihr bestens aufgehoben seien.
Bei Gerhard Wächter (CDU) stößt die Frage nach dem Haltbarkeitsdatum von Schwarz-Rot auf Nachdenklichkeit: »Nein, noch nicht«, sagt der Paderborner. Offen ausgetragene Meinungsverschiedenheiten hätten das Bündnis von Anfang an begleitet. »Geschadet hat es letztlich nicht«.
So wie Wächter auf Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung, der Gebäudesanierung und im Gesundheitswesen verweist, glaubt er, dass die Unternehmenssteuerreform auch noch zu schaffen sei. Allerdings sagt er auch: »Ich habe nie einen Hehl darausgemacht, dass ich an ein vorzeitiges Ende der großen Koalition - also 2008 - glaube.«
Vom schnellen Aus überzeugt ist die Opposition nach der Nullnummer im Kanzleramt: »Das ist der Anfang vom Ende«, meint Ute Koczy (Grüne/Lippe). Für Frank Schäffler (FDP) war die große Koalition von vorneherein eine Koalition der kleinen Kompromisse und dessen Wappentier eine Schnecke. Angesichts der Fragezeichen bei Krippenplätzen, Bleiberecht und Mindestlohn findet Schäffler es eigentlich ganz ehrlich, dass diesmal nicht ein »Durchbruch« verkündet wurde. Der Koalitionsauschuss habe nur noch Kraft, Arbeitsgruppen zu gründen. Hilft ein Machtwort? »Nur die Kanzlerin kann das«, sagt Koczy und fragt zugleich: »Kann sie das?«
Einen »zweiten Schöder, der ein Machtwort spricht«, will sich Wächter nicht vorstellen. Seine Paderborner SPD-Kollegin Ute Berg schon, aber ganz anders: »Der Koalitionsausschuss kann und muss Entscheidungen treffen bzw. vorbereiten. Aber ich vermisse auch mal ein Machtwort der Bundeskanzlerin, die sich in ihrer Rolle als Moderatorin bequem eingerichtet hat.« Merkel sollte sich öfter an die Spitze der Bewegung setzen. »Und ganz sicher muss sie Ministerpräsidenten wie Herrn Stoiber stärker in ihre Schranken weisen.« In die gleiche Kerbe schlägt Lothar Ibrügger (SPD): »Auch die CSU muss im Interesse der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung das Torpedieren von Bundespolitik unterbinden.« Wend zieht ein positives Fazit: »Selbstverständlich wird die Koalition bis 2009 halten, weil die politischen Vorhaben, sei es die Rente mit 67, die Unternehmenssteuerreform oder die Einführung eines gesetzlichen Mindeslohns, für die Lösung unserer Probleme erforderlich sind. Der stärkste Rückgang der Arbeitslosigkeit seit 50 Jahren zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.«

Artikel vom 07.03.2007