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Streit um zwei Euro landet vor Gericht

Unklare Aussagen: Freispruch für Taxifahrer, Gästen droht jetzt ein Verfahren

Bielefeld (uko). Eine Taxifahrt von 500 Meter Länge und zwei Minuten Dauer wurde für Fahrer und Fahrgäste zu einem misslichen Erlebnis: Der Taxichauffeuer stand Dienstag wegen eines Verbrechens vor Gericht und wurde freigesprochen, seinen Fahrgäste droht nun ein Verfahren wegen einer Falschaussage.

Zu dem ominösen Zwischenfall kam es bereits im Juni 2005, als Taxifahrer John D. (50, alle Namen geändert) gegen 23 Uhr auf dem Taxi-Haltplatz Milse einen Auftrag nach Brake erhielt. Er sollte an der Glückstädter Straße Kunden fahren. Dort angekommen, traf der Mann nach eigenen Angaben jedoch keine Fahrgäste an. Erst Minuten später hätten sich ein Mann und eine Frau aus dem Haus bequemt, hätten ihm ein Fahrziel in 500 Meter Entfernung genannt. John D. fuhr aufgrund der kurzen Fahrstrecke missmutig die Adresse an, forderte 3,70 Euro Fahrtkosten und erhielt einen Fünf-Euro-Schein von der Dame. Als er das Wechselgeld herausgegeben habe, sei der Frau etwas Metallisches entglitten, als ob ein Geldstück heruntergefallen sei.
Gemeinsam suchte man nach der Münze, ohne jedoch fündig zu werden. Nach dem Zeitpunkt, als die beiden Fahrgäste ausgestiegen waren, gingen die Schilderungen über den weiteren Verlauf drastisch auseinander. Monika S. behauptete stets, sie habe das Taxi, das John D. gewendet habe, aufhalten wollen. Sie sei dann vom Fahrzeug frontal erfasst und »zehn Meter durch die Luft geschleudert« (so der zweite Zeuge) worden.
Der Taxifahrer will »angemessen und mit gebührendem Abstand« an den beiden Personen vorbeigefahren sein. Er sei dann zum Haltplatz An der Reegt gefahren, wo er dann von der Polizei zunächst kontrolliert und schließlich festgenommen worden war.
Monika S. war zuvor zweifellos gestürzt, hatte später über Schmerzen am Knie und eine leichte Gehirnerschütterung geklagt. Ob dieses Unwohlsein indes auf eine Kollision mit dem Taxi oder auf übermäßigen Alkoholgenuss zurückzuführen war, ließ sich nun auch gerichtlich nicht klären. Der Frau war noch in der Nacht eine Alkoholprobe mit dem gigantischen Wert von 2,28 Promille entnommen worden.
Monika S. und ihr Begleiter hatten stets darauf beharrt, der Taxifahrer habe sein Gefährt gegen sie eingesetzt. John D. hatte den Führerschein abgeben müssen, hatte die halbe Nacht im Polizeigewahrsam verbracht - weil zunächst wegen eines versuchten Tötungsdeliktes gegen ihn ermittelt worden war. Da die Polizei indessen keine Anstoßspuren auf dem Taxi gefunden hatte, waren diese Vorwürfe jedoch fallen gelassen worden.
Nach einem ersten Prozess vor einem Einzelrichter des Amtsgerichts wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr wurde der Fall an das Schöffengericht verwiesen, weil sich erneut der Verdacht erhärtete, der Taxifahrer könne die Kollision bewusst herbeigeführt haben.- Staatsanwalt Udo Vennewald-Ripsam und Vorsitzender Richter Hermann Schulze-Niehoff machten der Zeugin gestern nachhaltig deutlich, dass ihre Version (wegen mangelnder Spuren) nicht der Wahrheit entsprechen könne. Die Zeugen widerriefen danach ihre bisherigen Aussagen. Taxifahrer John D. wurde daraufhin vom Gericht freigesprochen.

Artikel vom 07.03.2007