07.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kuhn: Ohne Risiko
Grenzen überschreiten

Konzertsaison 2007/2008 der Bielefelder Philharmoniker

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Die Bielefelder Philharmoniker machen die Leinen los und warten in der kommenden Konzertsaison mit Werken in ungewöhnlichen Besetzungen und vernachlässigter Komponisten auf. Ihr Motto »grenzenlos« gilt dabei sogar wörtlich.

»Wir werden im Februar eine Woche in Bielefelds Partnerstadt Rzeszów verbringen«, kündigte Generalmusikdirektor Peter Kuhn gestern bei der Vorstellung der Saison 2007/2008 an. Zuvor wird der Chor der Musikhochschule Rzeszów gemeinsam mit dem Chor und Extra-Chor des Bielefelder Theaters die »Songs of Travel« von Ralph Vaughan Williams in der Oetkerhalle zu Gehör bringen (15./17. Februar). Ein Megachor-Projekt, das gleichzeitig als Hommage an den selten gespielten britischen Komponisten Williams gedacht ist, dessen 50. Todestag sich 2008 jährt.
Dem sich mehr und mehr selbsteinschränkenden Konzertbetrieb entgegenwirkend, war es Kuhn wichtig, Komponisten auszuwählen, die wie Alexander Glasunow (Sinfonie Nr. 6) »vom Aussterben bedroht sind« oder ganz von der Bildfläche verschwunden sind. Darunter Ludwig August Lebrun, ein Zeitgenosse Mozarts, der durch den Oboisten Albrecht Mayer wiederentdeckt wurde. Mayer wird dann auch als Solist mitwirken in Lebruns Konzert Nr. 1 für Oboe und Orchester (11. Januar).
Zu den in Vergessenheit geratenen Tonsetzern gehört auch der Italiener Giuseppe Martucci (14/16. März). »Sein romantisches Konzert für Klavier und Orchester« wurde von Karsten Scholz (ehemaliger Kapellmeister am Theater Bielefeld, Anmerkung der Red.) wiederentdeckt. Es ist von italienischer Luft durchatmet und absolut unverständlich, dass es nicht zu festen Repertoire gehört«, betont Peter Kuhn.
Zu den Werken mit außergewöhnlicher Besetzung gehören Béla Bartóks Konzert für zwei Klaviere, Schlagzeug und Orchester (12./14. Oktober), die »Petite Symphonie Concertante« von Frank Martin für Harfe, Cembalo und Klavier (30. November/2. Dezember) sowie das Konzert für zwei Violinen und Orchester von Louis Spohr (11./14. April).
Zu den Höhepunkten gehört auch die Orgelsinfonie von Camille Saint-Saëns, mit der die Bielefelder am 7. und 9. September die Konzertsaison eröffnen. Die Orgel soll zu diesem Zweck illuminiert werden. Ein krönender Abschluss wird mit der konzertant und gekürzt aufgeführten Mozart-Oper »Lucio Silla« gesetzt (13./15. Juni).
Da der Fokus auf selten Gespieltes gelegt wurde, »ohne dass man riskante Bezirke betreten müsste«, so Kuhn, wurde auf Werke zeitgenössischer Komponisten verzichtet.
Neben den bewährten Kammerkonzerten, Philharmoniker solistisch und Musik voll fett werden erstmals auch zwei Familienkonzerte angeboten. Neu ist auch eine Kinderbetreuung während der Sonntagskonzerte. Eine aufgelockerte Abo-Struktur (Neujahrskonzert plus zwei Sinfoniekonzerte nach Wahl) sollen ebenfalls zusätzliches Publikum anlocken.
Das Spielzeitheft erscheint im Juni.

Artikel vom 07.03.2007