07.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Weihnachten waren auch
Hirtinnen auf dem Feld

Dr. Frank Crüsemann stellte Bibel-Übersetzung vor

Vlotho-Valdorf (Sto). Am Reformationstag 2006 ist die neue Bibelübersetzung »in gerechter Sprache« der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Jetzt hatten Gemeindeglieder aus Valdorf Gelegenheit, im Rahmen eines Vortrags- und Gesprächsabends Informationen aus erster Hand über die Entstehung und die Zielsetzung der neuen Übersetzung zu bekommen.
Prof. Dr. Crüsemann
Prof. Dr. Frank Crüsemann, der als an der Kirchlichen Hochschule tätiger Alttestamentler selbst an der Übersetzung mitgearbeitet hatte, stellte das Werk vor.
»Der Wunsch nach einer neuen Übersetzung entstand beim Kirchentag 1989«, so der Referent. Für die Bibelarbeiten zu den Kirchentagen wurden die Texte meist in einer neuen Übersetzung vorgestellt, schließlich entstand das Projekt einer kompletten Bibelübersetzung. Eine Übertragung in »gerechter Sprache« erschien als der konsequente nächste Schritt.
Ein Hauptanliegen der rund 50 beteiligten Übersetzerinnen und Übersetzer war, die Menschen und Gruppen, die an der Entstehung beteiligt waren, wieder verstärkt ins Licht zu rücken. Auch sollten die biblischen Texte nicht als Schreibtischprodukte einzelner herausragender (männlicher) Gestalten verstanden werden, sondern den vielschichtigen biblischen Alltag sichtbar machen. Das bedeutet auch, dass die in den Texten genannten oder mit gemeinten Frauen sichtbar werden: »In der Weihnachtsgeschichte kommen neben den Hirten auch die Hirtinnen vor, die es mit Sicherheit gegeben hat. Es gab neben den Aposteln auch die Apostelinnen in der frühen christlichen Gemeinde, wie Paulus sie im Römerbrief erwähnte.«
Daneben steht gleichgewichtig das zweite Hauptanliegen, dem gegenwärtigen Gespräch mit Jüdinnen und Juden gerecht zu werden. Zusätzlich sollen die Übersetzungen so verständlich wie möglich sein und auch eine klingende sprachliche Form haben. Die Übersetzungen wurden durch eine intensive Diskussion unter den Mitwirkenden erarbeitet.
Alle Übersetzenden hätten sich verpflichtet, neben der traditionellen historisch-kritischen und literaturwissenschaftlichen Deutung feministische und befreiungstheologische Diskurse sowie die Diskussion des christlichen Antijudaismus zu berücksichtigen.
Anhand von Textbeispielen aus dem Alten und Neuen Testament stellte der Referent zudem als wesentliches Merkmal den Umgang mit dem Namen Gottes vor. Die anschließende Aussprache zeigte unter anderem, dass tradierte Gottesbilder auch durch die sprachliche Form und Überlieferung bedingt sein können.

Artikel vom 07.03.2007