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Der Letzte der ersten Generation geht

Professor Karl Martin Holzhäuser beendet seine Lehrtätigkeit an der FH

Von Uta Jostwerner
und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Wann immer Karl Martin Holzhäuser von der Arbeit mit seinen Studenten erzählt, beginnen seine Augen zu leuchten. »Die vielen begabten und motivierten junge Leute, all die Projekte und gemeinsamen Reisen -Êdas werde ich vermissen«, sagt der scheidende Professor für Fotografie am Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule Bielefeld.

Ende Februar hat Holzhäuser (63) seine Lehrtätigkeit nach mehr als 36 Jahren niedergelegt. Es seien ausgefüllte, glückliche Jahre gewesen, betont er. Entsprechend wehmütig stimmt ihn der Abschied.
Das Dienstbüro an der Lampingstraße zu räumen, nimmt ihn derzeit in Anspruch. Beim Sichten und Sortieren der vielen Unterlagen, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben, werden Erinnerungen wach. Zum Beispiel an eine gemeinsame Studienreise nach Paris, die in Kooperation mit der Abteilung Modedesign stattfand und zu berühmten Modefotografen führte.
Es war Holzhäuser, der die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen Modedesign und Fotografie initiierte. »Im Allgemeinen ist die Simulation der Praxis in der Hochschule schwer möglich«, betont er. Bezogen auf den Bereich Modefotografie profitierten seine Studenten von der Kooperation mit den Modedesignern und umgekehrt. Neben der Praxis bot das Symposium zur Modefotografie eine Möglichkeit zur wissenschaftlichen Vertiefung.
Dass mit der Umstellung auf die Bachelor- und Masterstudiengänge eine stärkere Verwissenschaftlichung der Lehre einhergeht, begrüßt der emeritierte Professor gleichwohl. »Die Methoden zur Aneignung praktischer Fähigkeiten kann man auslagern«, meint Holzhäuser.
Er selbst eignete sich seine handwerklichen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Fotografie während einer Ausbildung zum Fotografen im Museum Dahlem in Berlin an. Es folgten Studienjahre an den Werkkunstschulen Darmstadt und Saarbrücken bei Oskar Holweck und an der Hochschule der Bildenden Künste in Hamburg bei seinem Wunschprofessor Kilian Breier.
Breier war es auch, der ihn Ende der 60er Jahre mit der Generativen Fotografie vertraut machte. Als 1968 im Bielefelder Kunsthaus eine Ausstellung unter anderem mit Werken Breiers und Gottfried Jägers eröffnet wurde, begleitete Holzhäuser seinen Mentor. Das Treffen mit Jäger sollte zur Geburtsstunde einer jahrzehntelangen Zusammenarbeit und Freundschaft werden.
1970 nahm er auf Geheiß Gottfried Jägers einen Lehrauftrag von acht Wochenstunden an der Werkkunstschule an. »Die Fotografie war damals noch ein Nebenfach«, erinnert sich Holzhäuser, der damals hauptberuflich als Art Director bei den Vogelsänger Studios arbeitete. Doch die Szene begann zu wachsen. 1972 wurde er zum Fachhochschullehrer berufen, später auch zum Professor. Fortan bauten Jäger und Holzhäuser die Abteilung kontinuierlich aus. »Als wir 1971 in die Lampingstraße zogen, hatte sich die Fotografie zu einem Studienschwerpunkt entwickelt«, sagt Karl Martin Holzhäuser.
Mit Jörg Boström und Jürgen Heinemann an der Seite konnte die Abteilung ihren nationalen Ruf festigen. »Wir Kollegen hatten ein gutes Verhältnis zueinander und konnten viel durchsetzen«, erzählt Holzhäuser. Die administrative Arbeit wurde aufgeteilt. Jeder war mal Dekan oder im Senat tätig.
Jetzt ist Holzhäuser der Letzte der ersten Generation, der geht. »Ich bin unendlich dankbar für die schönen Jahre«, sagt er und die Wehmut über den Abschied steht ihm ins Gesicht geschrieben. Dabei hatte er sich niemals vorgestellt, eine Hochschulkarriere einzuschlagen. »Ich wollte frei künstlerisch arbeiten«, erzählt er.
Parallel zu seiner Lehrtätigkeit ist ihm dies auch stets gelungen. Bereits 1969 erschien seine erste künstlerische Arbeit zur so genannten Mechano-optischen Untersuchung. Basierend auf den Ordnungsprinzipien des Bauhauses, rückte Holzhäuser damit die technischen Möglichkeiten der Kamera systematisch ins Licht. In den 70er Jahren übertrug er die Methode auf synthetische Landschaftsbilder.
Internationale Anerkennung brachte und bringt ihm seine Lichtmalerei ein, wobei er mittels einer ausgeklügelten Apparatur Farbbänder direkt auf Fotopapier belichtet, die sich eigenwillig und doch rhythmisch gegen- und miteinander über das Papier ziehen. Nicht ohne stolz erzählt er, dass seine Arbeiten derzeit im Budapester Vasarely-Museum zusammen mit Werken von Josef Albers und Ellsworth Kelly gezeigt werden oder dass in einer durch England wandernden Ausstellung seine Werke neben denen von Adam Fuss hängen.
Mittlerweile belichtet er nicht mehr auf Fotopapier, sondern auf Film. Das Material lässt er in einem Speziallabor anschließend digitalisierten. »Es ist der Anfang eines neuen künstlerischen Abschnitts«, verdeutlicht der Künstler, der indes einem Prinzip stets treu geblieben ist: »Ich wollte nie die Welt abbilden, sondern ihr immer was eigenes zuführen.«

Artikel vom 10.03.2007