12.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Hartwig hat
magische Hände

Sieg mit 5,70 Meter - Otto nur 5,50

Von Oliver Kreth
Bad Oeynhausen(WB). Der Mann liebt einfach die Enge und den direkten Kontakt zu seinen Fans - das beflügelt ihn. Auch in diesem Jahr. Zum fünften Mal siegte Jeff Hartwig beim Stabhochspringen unter der Glaskuppel des Werre-Parks.

Nur sechs Versuche brauchte er für seinen Erfolg bei der sechsten Auflage. 5,50 Meter, 5,60 und 5,70 Meter überflog er jeweils im ersten Versuch. Die 5,80 überwand er im letzten Durchgang, aber ganz offensichtlich nicht regelkonform. Bitter. Es wäre Saisonbestleistung für den 39-Jährigen aus St. Louis gewesen.
Der Mann hat einfach den Springer-Blues. Seit 1988 konnte er jedes Jahr die Fünf-Meter-Marke überspringen. 1998 war er sogar der erste US-Amerikaner, der die sechs Meter übertraf. Seine Bestmarke steht seit dem Jahr 2000 bei 6,03 Meter.
Beim dritten Durchgang in Bad Oeynhausen hatte Hartwig die Latte mit der Hand gefühlvoll, aber auch vom DLV-Verantwortlichen nicht zu übersehen, zurückgelegt. Dieses Zauberkunststück war eine Zeit lang beliebt bei den Höhenjägern. Doch das Magische sollte das Überqueren der Höhe sein, daraufhin wurde die Regel geändert. Verständlich, dass das den Spezialisten aus den USA nicht gefällt. Aber er dachte auch an seine zahlreichen Fans. »Ich hätte ihnen gerne mehr gezeigt. Das ist wirklich eine schreckliche Regel. Niemand versteht, warum es vorbei ist«, meinte Hartwig.
Und die deutschen Höhenjäger? Die stürzten diesmal ab. Und einer suchte die Schuld beim Veranstalter. Der Weltjahresbeste Björn Otto (5,90 m), der in Birmingham bei der Europameisterschaft noch Bronze gewonnen hatte. Er pokerte hoch und fiel tief. 5,50 Meter - das war die Anfangshöhe für den Mann der LAV Bayer Uerdingen/Dormagen - schaffte er erst im zweiten Durchgang, die nächste Höhe (5,60 m) ließ er aus, um dann an 5,70 m drei Mal klar zu scheitern. Dabei hatte er doch die magische Sechs-Meter-Marke angreifen wollen. Ottos Kommentar: »Das ist ein Vernichtungssteg. Die Anlage ist viel zu hart, da kommt ja gar nichts.«
Nicht viel besser lief es für den Zweitbesten aus Deutschland, Fabian Schulze. Der Stabartist von Salamander Kornwestheim flog bei 5,60 Metern raus, trat aber wenigstens verbal nicht so nach, sondern schrieb wie Sieger Jeff Hartwig eifrig Autogramme.
Doch »nur« mit Siegen und großen Höhen in Bad Oeynhausen will sich Hartwig 2007 nicht zufrieden geben. Der Sprung-Opa plant noch einen großen Coup -Êam liebsten bei der Weltmeisterschaft in Osaka. Denn fit fühlt er sich und sieht er auch noch aus. Doch sollte es im Land der aufgehenden Sonne nicht mehr mit einer Medaille klappen - untröstlich wäre er nicht. Denn er hat eine Frau und eine zweijährige Tochter namens Heidi. Und sollte dies nicht als Ablenkung reichen, kann er es mit seinen Giftschlangen versuchen. »300 habe ich derzeit.« Vielleicht weiß er ja daher, wie man der Konkurrenz die Giftzähne zieht.

Artikel vom 12.03.2007