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Unsere Flüsse sind doch keine Abwasserkanäle

Verursacher der Versalzung dürfen nicht aus der Verantwortung entlassen werden

Die Bundesländer haben Millionen investiert, um die Flüsse zu entsalzen. Nun will K+S eine Pipeline bauen, um 700000 Kubikmeter Salzlauge jährlich in die Werra und damit in die Weser einzuleiten.

Zum Thema Weserversalzung meint dieser Leser, die Politik handele kurzsichtig:
Das Anliegen der Firma K+S, weitere Mengen Salzlauge in die Werra und damit in die Weser einzuleiten, ist verständlich: Sie strebt natürlich die für sie kostengünstigste Abfallentsorgung an, zumal sie »Entsorgungssicherheit« für den Betrieb sonst nicht mehr sicherstellen kann. Es hat sich also beim Antragsteller wie auch bei den Genehmigungsbehörden bereits ein Zugzwang ergeben. Der Antrag bewegt sich außerdem im gesetzlichen Rahmen der vorhandenen Genehmigungen.
Verständlich sind auch die Reaktionen auf die weitere Belastung, die auf die betroffenen Flüsse und deren Ökosysteme zukommen soll. Die Fischer haben noch allzu gute Erinnerungen an die 1970er Jahre, als kranke Fische an der Tagesordnung waren. Aus Sicht von Wissenschaft und Ökologie wurden die Einflüsse auf die Ökosysteme beleuchtet.
Nachdem die Kritik in der Bevölkerung aufgeschäumt ist, wird auch in der Politik über veraltete Grenzwerte debattiert, die sie aber selbst zu verantworten hat. Eine Rücknahme der Grenzwerte durch politische Entscheidungen, die zu einer entsprechenden Gesetzgebung führen, sind jederzeit möglich und möglich gewesen.
Im Tenor versteift sich die Politik dann aber doch lieber auf Kritik an denjenigen, die einleiten wollen und eine Entscheidung über den Antrag zu treffen haben. Die Politik fordert Grenzwerte, die sie selbst nicht festgelegt oder frühzeitig gefordert hat. Es sollen Grenzwerte berücksichtigt werden, die in einer Rahmenrichtlinie der EU bereits festgeschrieben sind.
Ist es nicht eine kurzsichtige Politik, die über Grenzwerte streitet und wesentliche Dinge unberücksichtigt lässt? 700 Jahre wird es dauern, bis die Salzhalde durch Regen abgebaut ist.
In 30 bis 40 Jahren wird die Rohstoffquelle nach Angaben von K+S versiegen. Dass die Arbeitsplätze über diesen Zeitraum gesichert werden sollten, steht aus meiner Sicht außer Frage.
Aber wer stellt die Entsorgung der Salzlauge über die verbleibenden 660 Jahre sicher? Wer trägt die Kosten? Die Stadt? Das Land? Und damit der Steuerzahler?
Ist es nicht sinnvoller, über eine langfristig gesicherte Lösung des Entsorgungsproblems nachzudenken und alle Entscheidungen dahingehend auszurichten? Ob es nun auf eine Pipeline bis zur Nordsee oder auf andere Lösungen hinauslaufen muss, kann ich nicht beurteilen.
Eines ist meines Erachtens aber sehr wichtig: Zahlen sollten alle, die Nutznießer sind. Sei es der Betreiber K+S, seien es die Kommunen, die die Gewerbesteuer und einen Teil der Einkommenssteuer kassieren, Land und Bund, die ebenfalls Steuereinnahmen verbuchen, und die Anrainer der Flüsse, die den Vorteil eines sauberen Flusses für sich nutzen können. Die Verursacher dürfen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden. Unsere Flüsse sind keine Abwasserkanäle, sondern die Lebensadern unserer Natur. Es ist deshalb Zeit, hier eine nachhaltige Entwicklung einzuleiten und nicht wieder nur bis zur nächsten Wahl zu denken.
MARKUS NIEMANN37688 Beverungen-Wehrden

Artikel vom 09.03.2007