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Stiefvater verbrüht Baby zu Tode

Lebenslang wegen Mordes an JustinÊ- Ermittlungen gegen Jugendamt

Bochum (dpa). Kaum hatten die Richter die Urteile gesprochen, schlossen die Angeklagten die Augen. Babymörder - dieses Wort wird sie nun bis an ihr Lebensende verfolgen.

16 Monate ist es her, dass sie den sieben Monate alten Justin sterben ließen. Grausam und erbarmungslos, wie die Richter sagen. Der Stiefvater hatte das Baby unter der Dusche verbrüht. Das Bochumer Schwurgericht verurteilte den 29-Jährigen gestern zu lebenslanger Haft. Die Mutter (22) wurde mit elf Jahren Haft bestraft.
Es war der 16. November 2005, als der Angeklagte den kleinen Justin in die Badewanne legte. Als das Baby quengelte, drehte der 29-Jährige gereizt den Duschhahn so auf, dass nur noch heißes Wasser kam. Der Mann hielt den 60 Grad heißen Wasserstrahl auf den Bauch des Kindes, auf die Oberschenkel, auf den Genitalbereich und auf den Kopf. Justin schrie, strampelte, schloss reflexartig die Augen. Am Ende war dies der einzige Bereich des Gesichtes der nicht verbrüht war.
»Das Kind war dem Angeklagten ausgeliefert«, sagte Richter Hans-Joachim Mankel. Selbst auf den Mund soll der 29-Jährige den heißen Wasserstrahl gehalten haben. »Um das Schreien zu stoppen.« Auf seiner Babyhaut bildeten sich Blasen, dann lösten sich ganze Hautpartien ab, Blut trat aus, die Lungen entzündeten sich. Trotzdem sollen Stiefvater und Mutter ferngesehen und Playstation gespielt haben.
35 Prozent der Haut waren zerstört. »Die Angeklagten hätten wissen müssen, dass das Kind sterben kann«, sagte Richter Mankel. Der Tod sei vorhersehbar gewesen. Die Familie hatte den Notarzt jedoch erst gerufen, als es schon zu spät war.
Die Verbrühungen waren nicht die einzigen Misshandlungen. Schon im Alter von sechs Wochen hatte sein Stiefvater Justin den Oberschenkel gebrochen. Bei der Untersuchung in einem Herner Krankenhaus waren sogar noch ältere Knochenbrüche festgestellt worden. Die Ärzte hatten die Behörden eingeschaltet. Sie wollten das Kind nur wieder in die Obhut der Angeklagten entlassen, wenn eine engmaschige Kontrolle gewährleistet sei. Ihr Vorschlag: mindestens drei Hausbesuche pro Woche. Das Bochumer Jugendamt soll das zugesagt, aber nicht eingehalten haben.
Mankel übte scharfe Kritik. Der Entlassungsbericht des Krankenhauses, in dem der Verdacht auf Kindesmisshandlung geäußert worden sei, soll schon im Juli in Bochum eingegangen sein. Möglicherweise sei er aber gar nicht gelesen worden. Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen Ermittlungen gegen das Jugendamt aufgenommen.

Artikel vom 06.03.2007