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Jeder Kilometer soll zählen

Erste Finanzrichter bremsen die gekürzte Pendler-Pauschale aus

Hannover/Bielefeld (WB/dpa). Millionen von Berufspendlern können doch noch auf eine steuerliche Anerkennung ihrer Fahrtkosten hoffen. Niedersachsens Finanzgericht hat die Kürzung der Pendlerpauschale für verfassungswidrig erklärt.
Die von Bundestag und Bundesrat beschlossene Kürzung der Pendlerpauschale verstoße gegen den allgemeine Gleichheitssatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes, teilte das Gericht gestern mit. Jetzt muss das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über die Klage eines Ehepaares aus dem Raum Oldenburg entscheiden. Die Berufspendler hatten gegen ihr Finanzamt geklagt, weil sie für ihre gesamten Fahrten zur Arbeit einen Freibetrag auf ihren Lohnsteuerkarten für das Jahr 2007 eintragen lassen wollten.
Die beiden Angestellten pendeln in entgegen gesetzte Richtungen 41 beziehungsweise 54 Kilometer zur Arbeit. Das Finanzamt gewährte jedoch nur einen gekürzten Freibetrag und ließ sowohl bei der Ehefrau als auch beim Ehemann die ersten 20 Kilometer unberücksichtigt - so, wie es die Neuregelung vorschreibt. Die Kilometerpauschale von 30 Cent kann seit Jahresbeginn nur noch vom 21. Entfernungskilometer an von der Steuer abgesetzt werden. Durch diese Kürzung erhofft sich der Bund etwa fünf Milliarden Euro an Steuermehreinnahmen.
Nach Auffassung der Richter in Hannover entstehen bei den Fahrten zum Arbeitsplatz zwangsläufige Kosten, ohne die gar kein Einkommen zu erzielen sei. Schließlich finden nicht alle Menschen am Wohnort eine Stelle.
Gemäß Einkommenssteuergesetz darf aber nur das Einkommen besteuert werden, das nach Abzug der beruflichen Aufwendungen bleibt. Zudem sei es unzulässig, das verfassungsrechtlich geschützte Existenzminimum zu besteuern.
30 Millionen Erwerbstätige pendeln in Deutschland täglich zu ihrem Arbeitsplatz. Nach Angaben des ADAC in München legen 15 Millionen eine Strecke von weniger als zehn Kilometern zur Arbeit zurück. Neun Millionen sitzen jeden Tag pro Weg zwischen zehn und 25 Kilometer am Steuer, 3,5 Millionen zwischen 25 und 50 Kilometer und bei 1,5 Millionen Erwerbstätigen beträgt die Anfahrt zum Arbeitsplatz sogar mehr als 50 Kilometer.
Aktenzeichen: 8 K 549/06

Artikel vom 06.03.2007