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Energiestreit vor dem EU-Gipfel

Keine Einigung der Außenminister - Landegebühren nach Schadstoffausstoß

Brüssel (dpa/Reuters). Die Europäische Union hat sich vor dem ersten Gipfel unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht über einen Teil-Umstieg auf erneuerbare Energien einigen können.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte nach einem Treffen mit seinen EU-Kollegen gestern in Brüssel, umstritten sei zwischen den 27 Staaten, ob sie sich bindend verpflichten, bis 2020 ein Fünftel ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen zu decken.
Über diese Forderung Merkels und der Kommission müsse nun auf dem Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel entschieden werden. Einig ist sich die Union bereits über das übergreifende Ziel, den Treibhausgasausstoß bis 2020 um mindestens ein Fünftel unter das Niveau von 1990 zu senken.
Merkel warb erneut für eine Vorreiterrolle der EU beim Klimaschutz. Der Klimawandel sei ein »ernsthaftes, lange andauerndes, globales Problem, das nicht durch das übliche Tagesgeschäft bezwungen werden kann«.
Mit dem Scheitern der Außenminister steht die Kanzlerin vor harten Fronten in einem Kernbereich der künftigen europäischen Energie- und Klimapolitik. Die geplante Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes im EU-Alleingang bis 2020 um ein Fünftel schreibt das 2012 auslaufende Kyoto-Abkommen fort. Darin hatte sich die EU zur Senkung um acht Prozent verpflichtet. Wenn andere Industrienationen mitziehen, ist die EU bis 2020 auch zu einer Reduzierung um 30 Prozent bereit. Dies soll auf dem Gipfel bestätigt werden und gilt als unstrittig. Deutschland müsste dann mehr, wirtschaftsschwächere Staaten weniger leisten. Die Aufteilung soll später geklärt werden.
Einig ist sich die EU zudem, den Anteil von Biosprit für Pkw bis 2010 auf zehn Prozent zu steigern, vorausgesetzt bis dahin steht genug Kraftstoff aus Pflanzen zur Verfügung.
Steinmeier sagte, umstritten sei, ob die Ziele verbindlich sein sollen oder lediglich eine Absichtserklärung. Als denkbarer Kompromiss für den Gipfel galt bei Diplomaten, dass die EU zwar das verbindliche Ziel von 20 Prozent festschreibt, bei der Festsetzung der Anteile für die einzelnen Länder aber nationale Besonderheiten berücksichtigt.
Frankreich, Finnland und einige weitere Länder sind jedoch dagegen, um ihren nationalen Energiemix nicht zu gefährden. Die Regierung in Paris will Zusicherungen erreichen, dass sie wegen eines Zieles für erneuerbare Energien nicht ihren hohen Anteil von Atomstrom senken muss.
Im Kampf gegen den Klimawandel erhöht die Bundesregierung den Druck auf die Wirtschaft. Die Landegebühren für Fluggesellschaften sollen künftig nach dem Schadstoffausstoß gestaffelt werden, kündigte Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) gestern in Berlin an. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) kritisierte Flugtickets zu Spottpreisen. Fraglich sei, ob Flüge für 99 Cent sein müssten. Er sprach sich ebenso wie der Tourismusbeauftragte der Regierung, Ernst Hinsken, für eine Besteuerung des Flugbenzins aus. Bei der Einführung emissionsbezogener Landegebühren plant Deutschland einen nationalen Alleingang. Tiefensee will nach Angaben seines Sprechers Dirk Inger Ende 2006 eine dreijährige Testphase starten, an der die Airlines auf freiwilliger Basis mitwirken können. Danach werde eine endgültige Regelung eingeführt Tiefensee und Gabriel streben zudem an, Routen international neu abzustecken, um »Zick-Zack-Flüge« zu vermeiden.
Der Luftverkehr über Deutschland hat im vorigen Jahr mit fast drei Millionen Flügen ein Rekordniveau erreicht. Für 2007 rechnet die bundeseigene Flugaufsicht mit einem weiteren Anstieg. Ziel der Flugsicherung sei dabei, dass die Umwelt durch möglichst kurze Flugzeiten und wenig Warteschleifen in der Luft so wenig wie möglich belastet wird, sagte der Chef der Deutschen Flugsicherung (DFS), Dieter Kaden.

Artikel vom 06.03.2007