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»Es wird noch zu stark auf Ehrenamt und Vereine gesetzt, wo Politiker und Unternehmer gefordert sind.«

Leitartikel
Tourismusbörse in Berlin

Mehr Service
- und ans
Klima denken


Von Thomas Albertsen
Die Welt ist wieder zu Gast beim Weltmeister: Bei der 41. Internationalen Tourismusbörse in Berlin umwerben vom 7. März an 11000 Aussteller aus 180 Ländern besonders die deutschen Urlauber, mit denen sich 2006 allerdings nicht mehr ganz so viel Geld verdienen ließ. Und kaum hat sich der Reisende an Terror und Naturkatastrophen gewöhnt, kommt mit der Klimaschutz-Diskussion die Frage auf, ob es ethisch überhaupt noch vertretbar ist, für den persönlichen Lustgewinn zu reisen und damit für Emissionen zu sorgen. Diese Diskussion scheuen Touristiker wie der Teufel das Weihwasser, denn sie geht an die Substanz.
Wer an die Zukunft denkt, muss sich heute nicht mehr fragen, wohin die Menschen reisen, sondern warum sie reisen. Brauchen wir in Ostwestfalen angesichts guter heimischer Brauereien Flensburger oder Bitburger Bier? Müssen wir zur Oper nach Wien, tut es nicht auch Detmold und Bielefeld? Und muss man wirklich nach Kambodscha fliegen, wenn in Bonn eine hervorragende Angkor-Schau präsentiert wird? Umweltverträgliches Reisen darf kein Luxusartikel bleiben, sondern muss zur Norm werden.
Doch bevor dieses Damokles-Schwert fällt, gilt es für die Touristik-Unternehmen, sich ein möglichst großes Stück vom Reise-Kuchen zu sichern. Demzufolge tragen auch die Betreiber von Reisebüros Sorgenfalten zur Schau. Sie sind gut beraten, sich nach alternativen Dienstleistungen umzusehen. 2008 werden mehr als 40 Prozent aller Reisen »online« abgewickelt werden. Sich im Dschungel des Netzes zurecht zu finden, ist jedoch eine echte Herausforderung - aber darin liegen auch Chancen. Die Optimierung der Suche ist einerseits eine enorm wichtige Aufgabe für die Zielgebiete und Leistungsanbieter, die gewährleisten müssen, dass potenzielle Kunden problemlos und schnell auf ihre Angebote zurückgreifen können. Hierin liegt aber auch die Chance des Reisebüros, dem Kunden kompetenten Service zu bieten.
Überhaupt fordert Tourismus eine deutlich stärkere Vernetzung privatwirtschaftlichen Engagements und öffentlicher Aufgaben. In vielen deutschen Regionen haben Kommunen noch unerledigte Hausaufgaben, um die Infrastruktur zu verbessern.
In Deutschland wird in dieser Hinsicht auch dort noch zu stark auf ehrenamtliches Engagement und Vereinsstrukturen gesetzt, wo Politiker und Unternehmer längst professionell Hand in Hand zusammenwirken müssten. Die Profis in Bayern und an der Ostsee, den beliebtesten deutschen Ferienregionen, die zugleich 2006 die höchsten Zuwachsraten aufwiesen, haben da die Nase vorn.
Zu alledem steht deutschen Hoteliers Konkurrenz ins Haus. Trotz Überkapazitäten und gewinnschädigender Rabattschlachten vor allem im gehobenen Angebotsbereich, streben ausländische Spitzenhäuser auf den deutschen Markt. Viele dieser Marken gelten als Inbegriff für Luxus und werden neue Standards setzen.

Artikel vom 06.03.2007