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»Schnäppchen-Flüge« streichen

Alltours-Chef fordert in der Debatte um Klimaschutz Mindestpreise

Duisburg/Berlin (dpa/Reuters). In der Debatte um einen besseren Klimaschutz hat Deutschlands viertgrößter Reiseveranstalter Alltours Mindestpreise für Flüge gefordert.
»Die 19,99-Euro-Flüge müssen verschwinden«, sagte Alltours-Chef Willi Verhuven. Für die einfache Flugstrecke könne er sich 90 Euro als Minimum vorstellen. Durch die Streichung von unnötigen Zwischenlandungen und von Kurzflügen wie von Düsseldorf nach Frankfurt sowie durch eine bessere Auslastung der Flieger könnte die Kohlendioxid-Belastung um 20 Prozent gesenkt werden, schätzte Verhuven.
Einer freiwilligen Umweltabgabe der Fluggäste, wie von der Lufthansa vorgeschlagen, erteilte der Alltours-Inhaber eine Absage: »Man sollte nicht jedem die Möglichkeit geben, sich von allen Sünden freizukaufen.«
In der Diskussion um einen Beitrag des Luftverkehrs zum Klimaschutz setzt die große Koalition weniger auf die Besteuerung des Flugbenzins als auf andere Instrumente. Er sehe in absehbarer Zeit kaum Chancen, eine Kerosinsteuer auf europäischer oder gar weltweiter Ebene einzuführen, sagte Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD. Realistischer seien Maßnahmen wie die Einbeziehung des Luftverkehrs in den Emissionshandel, eine bessere Flugsicherung zum Abbau von Staus über den Flughäfen und emissionsabhängige Landegebühren.
Frankreich will beim EU-Gipfel die Atomenergie als einen Ausweg aus dem bedrohlichen Klimawandel festschreiben. Vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs heute und morgen in Brüssel sagten Diplomaten, dass der französische Präsident Jacques Chirac sonst ein verbindliches Ziel von einem Fünftel erneuerbarer Energie bis 2020 blockieren werde.
Für den verbindlichen Ausbau erneuerbarer Energien wie Wind, Sonne und Biomasse macht sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim ersten EU-Gipfel unter ihrem Vorsitz stark.
Wie es weiter hieß, versucht Merkel das Atom-Thema angesichts der Koalitionsvereinbarung mit der SPD über den Ausstieg aus der Kernkraft zu vermeiden.
Frankreich, wo der staatliche Energie-Riese EdF massiv Atomstrom produziert, steht mit seiner Forderung nicht allein da. Auch Tschechien verlangt, die Kernkraft, die ohne das schädliche Treibhausgas Kohlendioxid (C02) auskommt, als Alternative im Kampf gegen die Erderwärmung zu würdigen.
Merkel hob vor dem Gipfel noch einmal hervor, dass die Europäische Union eine weltweite Vorreiterrolle beim Klimaschutz spielen müsse. »Europa steht an einer wichtigen Wegmarke«, hieß es im Einladungsschreiben der Kanzlerin an ihre Kollegen. »Wenn wir jetzt entschlossen handeln, haben wir eine Chance, den Gefahren des Klimawandels wirksam zu begegnen.« Über die Verringerung der CO2-Emissionen um 20 Prozent bis 2020 gegenüber 1990 hatte die deutsche Ratspräsidentschaft weitgehend Einigkeit erzielt.
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Jürgen Thumann, hat die Bundeskanzlerin davor gewarnt, beim EU-Gipfel zwingende Klimaziele durchzusetzen. Das von Merkel vorgeschlagene Ziel, den CO2-Ausstoß bis 2020 EU-weit um mindestens 20 Prozent zu senken, sei »äußerst ehrgeizig. Man kann es anpeilen, aber nicht verbindlich machen«, sagte Thumann.
Vier von fünf Bürgern befürworten eine Vorreiterrolle Deutschlands beim Umweltschutz selbst dann, wenn andere Nationen nicht mitziehen. 78 Prozent wünschen sich besonderes Engagement von der Politik, ergab eine vom Nachrichtensender N24 veröffentlichte Emnid-Umfrage. Um das Klima zu schonen, sind 68 Prozent der Befragten bereit, den nächsten Urlaub im eigenen Land zu verbringen. Für eine Verteuerung von Billig-Flügen plädierten dagegen nur 48 Prozent, 45 Prozent lehnten diese Forderung ab.

Artikel vom 08.03.2007