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Europa fordert mehr Krippen

Kritik an Deutschland - NRW-Familienminister will Soforthilfe

Brüssel/Düsseldorf (dpa). Fachleute der EU-Kommission sehen »ein großes Problem« bei der Kinderbetreuung in Deutschland. Zugleich forderte nordrhein-westfälische Landes-regierung eine finanzielle Soforthilfe des Bundes für den Ausbau von Krippenplätzen.
Minister Armin Laschet: 70 000 Plätze in NRW.

Die Öffnungszeiten der deutschen Kinderkrippen reiche offensichtlich ebenso wenig aus wie die Zahl der Plätze in den Einrichtungen, hieß es gestern in Brüssel bei der Vorlage des Berichts zum Stand der Gleichstellung von Mann und Frau in Europa. »Die Öffnungszeiten müssen auf eine Vollzeit arbeitende Frau zugeschnitten sein«, sagte ein Experte.
Die Kinderbetreuung sei eine wichtige Voraussetzung für die Gleichstellung von Männern und Frauen in der Gesellschaft, betonte die Kommission. In Ländern mit guten Betreuungsangeboten seien Frauen häufiger berufstätig und bekämen zugleich mehr Kinder als in anderen Mitgliedstaaten. »Es gibt also eine deutliche Verbindung zwischen der Beschäftigungsrate von Frauen und der Geburtenrate«, sagte der Experte. Er nannte Dänemark und Schweden als Beispiele.
Im Jahr 2005 waren EU-weit 61 Prozent der Frauen zwischen 20 und 49 Jahren berufstätig, wenn sie Kinder hatten. Bei Frauen ohne Kinder lag die Beschäftigungsrate hingegen bei 76 Prozent, heißt es in dem Gleichstellungsbericht zum heutigen Weltfrauentag.
NRW-Familienminister Armin Laschet (CDU) sagte gestern im Landtag, es gebe eine Verpflichtung der Bundesregierung, den Kommunen beim beschlossenen Ausbau der Plätze bis 2010 zu helfen. »Mir erschließt sich die Polemik nicht, warum wir mit Schaum vor dem Mund über Krippenplätze bis 2013 diskutieren«, sagte Laschet. Statt langfristige Szenarien zu entwickeln, müsse den Eltern geholfen werden, die jetzt ein Angebot brauchten. Bundestags-Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) lehnte zusätzliche Bundesmittel gestern erneut strikt ab.
Dem NRW-Landtag stellte Laschet die Eckpunkte des neuen Kindergartengesetzes vor. Demnach will das Land bis 2010 für jedes fünfte unter dreijährige Kind einen Betreuungsplatz anbieten. Zu den insgesamt 70 000 Plätzen zählen auch Betreuungsmöglichkeiten durch Tageseltern.
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) beharrt ungeachtet des Gegenwindes aus ihrer Partei auf 750 000 Kleinkinder-Betreuungsplätze bis 2013. In einer Aktuellen Stunde des Bundestages sagte sie, damit könne man 35 Prozent der unter Dreijährigen Betreuung anbieten - wie dies überall in Europa längst Standard sei. Am 2. April will sie mit den Familienministern der Länder und den Kommunen über den Ausbau der Kinderbetreuung sprechen. Seite 6: Sonderseite

Artikel vom 08.03.2007