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Koalition zerstritten über die Familienpolitik

Krippenplätze: SPD fordert Finanzierungskonzept

Berlin (dpa). Die Finanzierung zusätzlicher Krippenplätze wird zunehmend zum Zankapfel zwischen Union und SPD. Unmittelbar vor der heutigen Koalitionsrunde forderte die SPD-Spitze die Union am Wochenende auf, rasch ein Finanzierungskonzept vorzulegen.
CSU-Chef Edmund Stoiber schlug vor, für neue Plätze Geld aus der Mehrwertsteuer einzusetzen. »Ich könnte mir vorstellen, dass der Bund zeitlich befristet bis zum Jahr 2010 einen halben Mehrwertsteuerpunkt zweckgebunden für diese gesellschaftliche Aufgabe zur Verfügung stellt. Das sind dann gut drei Milliarden Euro«, sagte Stoiber. Damit »und mit verstärkten Anstrengungen der Länder« sei bis 2010 der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen zu decken.
Praktisch zeitgleich griffen SPD-Chef Kurt Beck und SPD- Vizekanzler Franz Müntefering CDU und CSU scharf an. »Die Union, die gern von Haushaltsdisziplin redet, ist bisher jede Auskunft schuldig geblieben, wie die Vorschläge ihrer Familienministerin bezahlt werden können«, erklärte Beck. Müntefering sagte, schon bei der Gesundheitsreform habe die Union mehr Haushaltsmittel für die Krankenkassen verlangt, ohne zu sagen, woher das Geld kommt. Müntefering forderte eine Aussage der Union zur Finanzierung. »Da ist Montag der Tag, an dem sie was auf den Tisch legen sollte, oder wo wir miteinander den Zeitplan vereinbaren.«
Heute Abend befasst sich der Koalitionsausschuss mit dem Vorschlag von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU), bis 2013 die Anzahl der Krippenplätze auf 750 000 zu verdreifachen. Dies soll drei Milliarden Euro kosten. Die SPD-Spitze will dafür beim Ehegattensplitting kürzen und die nächste Kindergelderhöhung aussetzen. In einer Umfrage für das Magazin »Focus« befürworteten 64 Prozent Überlegungen in der CDU, das Ehegatten- zu einem Familiensplitting zu erweitern, das allen Paaren mit Kindern zu Gute kommen würde.
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla erklärte am Samstag, die SPD-Vorschläge seien »sozial ungerecht, benachteiligen Alleinverdiener und laufen auf weniger Wahlfreiheit für Eltern hinaus«. Auch Stoiber nannte die SPD-Vorschläge »familienfeindlich und unsozial«.
SPD-Chef Beck schlug vor, bei einem Spitzentreffen sollten die Parteivorsitzenden der Koalition, die Ministerpräsidenten und Vertreter der Kommunen mit der Bundesregierung die Finanzierungsfragen klären.
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) plädierte dafür, den »nervtötenden und unnötigen Streit« über die Finanzierung zu beenden. Bund, Länder und Kommunen sollten sich die erforderliche Summe teilen.
Nach Berechnungen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes kosten die Kinderkrippen-Pläne sogar 9,5 Milliarden Euro.
EU-Industriekommissar Günter Verheugen mahnte Deutschland, die Kinderbetreuung auszubauen.

Artikel vom 05.03.2007