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»Uran aus der
Drogenszene«

Material in Paderborn übernommen

Von Michael Robrecht
Lauenförde (WB). Weil er die »ganz große politische Welle« auslösen wollte, hat Hermann F. die Uran-Pellets angeblich 1991 von einem Unbekannten in der Paderborner Drogenszene angenommen. Das sagte der Anwalt des 45-jährigen Lauenförders dieser Zeitung und brachte damit etwas Licht in die Geschichte um den Uranfund im Gemüsegarten.
Hermann F. aus Lauenförde bleibt auf freiem Fuß.
Hermann F. sagte seinem Anwalt, ein Drogensüchtiger habe ihm die Pellets 1991 gegeben und gesagt, sie stammten aus Hanau. Er, Hermann F., sei der einzige, der das »an die große Glocke hängen« könnte.
Hermann F. aus Lauenförde hatte am Freitag für Schlagzeilen gesorgt, weil er unter einem Steinplattenweg seines Elternhauses radioaktives Material vergraben und in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel auf das Uranversteck hingewiesen hatte. Der Göttinger Anwalt Reiner Weber berichtete, dass sein Mandant den großen Skandal schon vor 16 Jahren provozieren wollte, »um die eklatanten Sicherheitsmängel in deutschen Nuklearanlagen anzuprangern«. Der Hinweis von Hermann F. in seinem Schreiben an die Kanzlerin, das Uran sei in der Brennelementefabrik Hanau gestohlen worden, ist nach Aussagen des Anwalts glaubhaft. Spuren ins KKW Würgassen oder zu Uranhändlern aus dem Osten seien falsch. Siemens, heute Eigentümer der Hanauer Nuklearbetriebe, geht den Hinweisen nach. Aufklärung soll auch eine Untersuchung der 14 Pellets (110 Gramm angereichertes Uran) im Europäischen Institut für Transurane in Karlsruhe bringen. Sie dauert eine Woche. Donnerstag war die chemische Substanz, die in Brennstäben in Kernkraftwerken verwendet wird, von Experten in Hannover klar als Uran identifiziert worden.
Rechtsanwalt Reiner Weber schilderte, dass die mehrstündige Hausdurchsuchung nötig geworden sei, weil Einzelgänger Hermann F., der auf freiem Fuß bleiben darf, in seinem Brief an Merkel von 17 Pellets gesprochen hatte, Strahlenschützer der Gewerbeaufsicht im Garten aber nur 14 ausgegraben hatten. Die Zahl 17 sei ein Missverständnis gewesen, sagte der Anwalt. Er unterstrich, dass der 45-Jährige seine brisante Ware nie zu Geld machen wollte. Wichtig sei ihm »die politische Dimension«.
Im Sommer 2006 sei er aus der Psychiatrie entlassen worden. Im November habe er das Uran nach langer Suche am Solling ausgegraben und am 8. Dezember das ungewöhnliche Schreiben über ihn als Anwalt an die Kanzlerin abgeschickt.
Vier Wochen später habe das Bundesumweltministerium mitgeteilt, dass man das niedersächsische Fachministerium informiert habe, das am 22. Februar die Pellets abholen ließ.
Viele fragen sich heute, warum niemand den Mann aus Lauenförde ernst genommen hat. Anwalt Weber: »Ich habe beim Magazin Spiegel in Hamburg nachgefragt und die haben bestätigt, dass F. mit der Uran-Story aufgetaucht ist, ihm die Angaben - wie auch bei Greenpeace - aber niemand geglaubt hat.«
Der Besitz von angereichertem Uran ist mit bis zu fünf Jahren Haft bedroht. Der Hildesheimer Staatsanwalt Christian Gottfriedsen kündigte weitere Vernehmungen an, zumal die rätselhaften Aussagen von F. als mager gelten.

Artikel vom 03.03.2007