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Kein Bier auf der
Nürnberger Rückfahrt

Trainer Meyer kritisiert die Nachlässigkeit seiner Elf

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Bielefeld (WB). Hans Meyer dachte auch ans Busfahren. Das machen Trainer immer nur, wenn es hier einen besonders schönen oder einen besonders schlechten Grund gibt. Beim Nürnberger Trainer war nach der Niederlage in Bielefeld die weniger angenehme Variante dafür verantwortlich.

Meyer lud alle Interessenten zum Einsteigen ein und versprach mehrere Stunden bester Stimmung: »Busfahrten nach solchen Spielen sind immer spitze.« Allerdings riet der Fußball-Lehrer zur Getränke-Eigenversorgung, weil die Grundausstattung an Bord dann wohl doch nicht so mit der allgemeinen Vorstellung von Heiterkeit harmonierte: »Bringen Sie ihr Bier mit. Wir haben keines.«
Die Mannschaft hatte sich vorher selbst trocken gelegt, und die Pleite in der SchücoArena war allein Nürnberger Bier: »Wir haben die Bielefelder Tore in einer für mich nicht vorstellbaren Weise vorbereitet«, kritisierte Meyer. Dabei hatte er die »Club«-Profis zuvor noch hoch leben lassen. »Ich habe gesagt, was uns von anderen Mannschaften unterscheidet, die auch auf unserem Niveau sind: Wir machen eindeutig weniger Fehler. Ich wusste nur nicht, dass meine Spieler zuhören.«
Haben sie auch nicht. Meyer wollte nur andeuten: Schulterklopfen im Fußball ist von List und Tücke. Vielleicht hätte er es einfach bleiben lassen sollen. Es handelt sich ja doch nur um eine Falle, in die jede Mannschaft schon einmal tappte. So war es nun auch mit dem 1. FC Nürnberg, der sein Konto in den vergangenen beiden Liga-Spielen verdoppelte. In 22 Saisonpartien gab es nur zwei Niederlagen, nach 24 Begegnungen sind es vier. Bis vor einer Woche waren es 17 Gegentore, als Folge der misslungenen Auftritte in Mainz (1:2) und Bielefeld (2:3) stieg die Zahl auf 22. Deswegen spähte Meyer vorsichtig durch seine Brille auf die Tabelle. »Kleinen Moment noch«, bat er um Geduld, »ich muss erst mal schauen, was ich sagen muss.« Ein paar Augenblicke später schaute der Trainer vom Blatt Papier mit der Rangliste wieder auf und gab Teilentwarnung: »Glücklicherweise sind wir immer noch Fünfter.«
Und so bleibt es vorläufig dabei, dass sich die Franken Hoffnungen auf die UEFA-Cup-Teilnahme machen dürfen. Außerdem waren sie am Dienstag nach zwei Stunden torlosen Fußballs dank mehr verwandelter Elfmeter gegen Hannover ins Halbfinale des DFB-Pokals eingezogen. Der »Club« fährt doppelgleisig, es kann nicht alles schlecht gewesen sein, was er in den vergangenen Tagen fabrizierte. Aber in Bielefeld schaffte es die Startformation beinahe, ihren Chef zu entnerven. Meyer zeigte jedem im Stadion, was er davon hielt. Nach 57 Minuten holte der von der nachlässigen Vorstellung seiner Elf empörte Coach zum Dreifachschlag aus. Polak, Banovic und Beauchamp raus. Sibon, Engelhardt und Spiranovic rein. Ein Austausch im großen Stil - aber kein Wechsel für den Erfolg.
Den buchte am Ende Arminia, weil zur Krönung Nürnberger Entgegenkommens Dominik Reinhardt zu einem derart schlaffen Rückpass ansetzte, dass Jörg Böhme den Europapokal-Aspiranten seiner gerechten Strafe zuführte. »Wir rüsten sie auf und haben sie schon motiviert in die Halbzeit geschickt«, erinnerte Meyer auch an den Bielefelder Ausgleich kurz vor der Pause, als die Nürnberger den Überblick verloren hatten. Nach dem Abpfiff verzogen sie sich kleinlaut im Bus. Eine weite Reise. Ohne Punkte. Ohne Bier.

Artikel vom 05.03.2007