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Urteil bedroht Wettmonopol

Europäischer Gerichtshof stärkt private Anbieter von Sportwetten

Luxemburg/Berlin (dpa). Das milliardenschwere staatliche Glücksspiel-Monopol in Deutschland muss um seine Monopolstellung fürchten.
Der Europäische Gerichtshofs (EuGH) hat private Anbieter bei der grenzüberschreitenden Vermittlung von Wetten gestärkt und Behinderungen durch die nationalen Regierungen verboten. Die obersten EU-Richter erklärten gestern in Luxemburg ein italienisches Gesetz für ungültig, das private Anbieter von der Vergabe von Konzessionen für Sportwetten ausschließt.
Das EuGH-Urteil heizte die Debatte über den deutschen Lottomarkt und den geplanten Staatsvertrag an, mit dem 15 von 16 Bundesländern das staatliche Glücksspielmonopol bis 2011 verlängern wollen, das den Bundesländern jährlich etwa mehrere Milliarden Euro in die Kassen spült. Die privaten Glücksspielanbieter begrüßten den Richterspruch. Sie sehen das staatliche Lottomonopol nun auf der Kippe.

Die staatlichen Lottogesellschaften und mehrere Bundesländer sehen dagegen das Wettmonopol nicht gefährdet. Auch sei der geplante Staatsvertrag keineswegs hinfällig. Schleswig-Holstein allerdings sprach von einem wichtigen europarechtlichen Signal und forderte, das Glücksspielwesen in Deutschland auf eine rechtlich solide Grundlage zu stellen. Kiel hatte als einziges Bundesland den im Dezember vereinbarten Lotto-Staatsvertrag abgelehnt. Der schließt private Internetangebote von Lotterien, Sportwetten und Spielbanken weitgehend aus.
Das Gericht hatte im »Placanica-Fall« entschieden, dass ein britisches Wettbüro in Italien seine Dienstleistung anbieten darf. Die in Italien praktizierte Abschottung des Glücksspielmarktes wurde für »gemeinschaftsrechtswidrig« erklärt. Künftig müssen Mitgliedstaaten in anderen EU-Ländern geltende Wettlizenzen auf ihrem Territorium anerkennen.
Der staatliche Lotto- und Toto-Block (DLTB) sieht den deutschen Weg des Glücksspielmonopols bestätigt. »Das Urteil betrifft die Rechtslage in Italien«, sagte Friedhelm Repnik, Geschäftsführer der Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg und federführend für den DLTB. Das Konzessionsmodell in Italien sei mit dem deutschen Glücksspielmonopol nicht vergleichbar. Auch bei anderen staatlichen Gesellschaften hieß es, nun seien »letzte Zweifel an der Europarechtskonformität des deutschen Glücksspielmonopols ausgeräumt«. Der Ratifizierung des Staatsvertrages in den Bundesländern stünden keine europarechtlichen Bedenken mehr entgegen.
Das beurteilen private Anbieter wie Tipp24, Fluxx oder der Online-Sportwettenanbieter und Sponsor des Fußballklubs Werder Bremen, bwin, anders. Der Glücksspielstaatsvertrag sei nicht mehr haltbar. An den Börsen legten einige Anbieter kräftig zu - in der Spitze schoss die bwin-Aktie um 20 Prozent in die Höhe.

Artikel vom 07.03.2007