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Therapie-Zwang bei Sextätern

Kolbig noch nicht vernehmbar

Leipzig (dpa). Vier Tage nach seinem Selbstmordversuch kann der mutmaßliche Mörder von Mitja aus Leipzig auch heute wahrscheinlich nicht vernommen werden.
Mit einer Lichterkette gedachten Menschen dem ermordeten Mitja. Foto: dpa

Der Zustand des 43-Jährigen Uwe Kolbig sei noch immer kritisch, erklärten die Ärzte. »Er muss weiter intensivmedizinisch betreut werden und kann nicht transportiert oder vernommen werden«, sagte gestern die Sprecherin des Krankenhauses, in dem er seit Donnerstag behandelt wird. Er war vor eine Straßenbahn gesprungen und hatte schwere Quetschungen erlitten. Die Verlegung in eine Haftklinik und eine Vernehmung waren ursprünglich für heute geplant. Kolbig soll den Neunjährigen vor zehn Tagen missbraucht und erstickt haben.
Am Wochenende gedachten mehrere 100 Anwohner aus Schkeuditz und Leipzig des ermordeten Jungen mit einer Lichterkette. Die Menschenreihe reichte am Samstagabend vom Fundort der Leiche bis zum Wohnhaus von Mitjas Eltern. Mit Kerzen zeigten die Menschen ihre Anteilnahme am Schicksal der Familie. Viele Eltern forderten besseren Schutz für ihre Kinder. Mitjas Schule, die Kirchengemeinde und Anwohner kündigten eine Gedenkfeier am Geburtstag des Jungen an. Mitja wäre am 15. März zehn Jahre alt geworden.
Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) unterstützte am Wochenende die Forderung nach einem Zentralregister über Triebtäter. Die Datei soll Polizei und Justiz Auskunft über Sexualstraftäter geben können, sagte sie. Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) sprach sich für unbefristete Regeln und Verbote für gefährliche Straftäter aus, um diese nach ihrer Haftentlassung besser kontrollieren zu können.
Experten forderten für Kinderschänder lebenslange Sexualtherapien, zu denen sie notfalls gezwungen werden könnten. »Es ist schon für ÝNormaleÜ schwer, über Sexualität zu sprechen. Über seine abnormen sexuellen Vorlieben spricht niemand freiwillig«, sagte der Sexualtherapeut Andreas Rose. Sexualstraftätern fehle die Einsicht zum Therapiebedarf. »Verstöße gegen auferlegte Therapien müssten während der Haft und erst recht nach der Entlassung hart sanktioniert werden können, zum Beispiel durch eine Art Beugehaft.«
Die Aussetzung der Reststrafe auf Bewährung könne bei guter Annahme der Therapie dagegen motivieren. »Pädophilie ist mit einer Sucht zu vergleichen: Die Akzeptanz krank zu sein, ist praktisch nicht vorhanden«, sagte der Sachverständige für Sexualpsychologie.
Uwe Kolbig ist fünf Mal wegen sexueller Vergehen an Kindern verurteilt worden. Mehrere Medien berichteten am Wochenende übereinstimmend, er sei bereits bei einer einschlägigen Verurteilung 1998 als gefährlich eingestuft worden. Einem psychiatrischen Gutachten zufolge hat der 43-Jährige seine Missbrauchshandlungen in einem »Rauschzustand« verübt.

Artikel vom 05.03.2007