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Schon 1994 suchten Behörden nach Uran

Erst im Kanzleramt wurde Hermann F. ernstgenommen

Von Michael Robrecht
und Harald Iding (Fotos)
Lauenförde (WB). Briefe mit brisantem Inhalt bekommt Kanzlerin Angela Merkel täglich, der von Hermann F. aus Lauenförde hatte besondere Sprengkraft. Er informierte »als letzte Hoffnung« die Regierungschefin darüber, dass er im Besitz von angereichertem Uran sei.

Nicht so blitzschnell wie eine Kernreaktion, sondern auf dem Beamtenschleichweg kam die Depesche einen Monat später im Umweltministerium in Hannover an. Und wenn der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander nicht zehn Jahre mit der Mutter des Uran-Besitzers zusammen im Holzmindener Kreistag gesessen und die Verhältnisse gekannt hätte, wäre die Gewerbeaufsicht wohl auch nicht so schnell zum »Atomeinsatz« ausgerückt. Denn jahrelang haben verschiedene Behörden nur den Kopf geschüttelt oder gar nicht reagiert, wenn der 45-jährige Hermann F. mit seiner abenteuerlichen Geschichte mit seinem Uran kam - ein GAU für die Bürokraten.
Nachdem der ungelernte Lauenförder neun Mal Aufenthalte in psychiatrischen Einrichtungen verbringen musste, wollte er nach seiner Entlassung im Sommer 2006 reinen Tisch machen und ließ deshalb einen Göttinger Anwalt im Januar den Brief ins Kanzleramt schicken. Das Uran musste endlich weg.
Bereits 1994 hatte Hermann F. die Behörden informiert, er habe Uran im Sollingwald vergraben. Als die Behörden nichts entdeckten, weil Hermann F. die Stelle nicht wiederfand, wurde er als »wirr« und »unglaubwürdig« eingestuft. 2006 fand er den Ort jedoch wieder, holte die Uran-Tabletten und vergrub sie zu Hause.
»Ich hatte schon Angst um meine drei Kinder, als ich zum ersten Mal von dem Uranlager hörte«, sagte Nachbarin Katharina Müller. Die Geigerzähler des Gewerbeaufsichtsamtes, das mit drei Bulis angerückt war, schlugen nicht aus, Radioaktivität gelangte, so Umweltminister Sander, zu keinem Zeitpunkt in die Umwelt. Das Material liegt nun in einem Spezial-Institut in Karlsruhe.
Mit großem Aufgebot rückte die Polizei gestern in Lauenförde noch einmal an, um Hermann F. zu befragen und das Haus zu durchsuchen. Neue Erkenntnisse gab es nicht.
Der 45-Jährige hat sich über seine Uran-Pellets und ihre Herkunft bisher öffentlich nicht geäußert. Sein Anwalt nahm gestern keine Stellung.
»Ich bin entsetzt und habe ein ungutes Gefühl, dass eine solche Menge Uran in den Ort gelangen konnte«, meinte Bürgermeister Norbert Tyrasa gestern Abend.

Artikel vom 02.03.2007