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Klaviere fest in
Chinesenhand

Detmold: Deutsche Musikstudenten rar

Von Dietmar Kemper
Detmold (WB). Noch sind die Hinweisschilder in der Musikhochschule Detmold nicht in chinesischer oder koreanischer Sprache verfasst. Angebracht wäre es, denn der Anteil der Asiaten steigt stetig.

»Für die künstlerische Ausbildung zum Konzertpianisten im Wintersemester hatten sich nur Asiaten angemeldet und kein einziger Deutscher«, sagte Vanessa Aldemir von der Musikhochschule gestern dieser Zeitung. Und das in einem Land, das Beethoven, Brahms und Mendelssohn-Bartholdy hervorbrachte. »Für alle 24 Musikhochschulen in Deutschland gilt: Die Chinesen kommen«, blickt der Hochschulsprecher Joachim Thalmann über Lippe hinaus. In Deutschland räche sich jetzt, dass 30 Jahre lang Klassik zu Gunsten leicht verdaulicher Pop-Musik »vernachlässigt« worden sei. Dagegen stiegen der soziale Status und die Heiratschancen einer Chinesin in ihrer Heimat beträchtlich, wenn sie in Europa klassische Musik studiert habe. Thalmann: »In gehobenen Kreisen spielt die Tochter automatisch Klavier.«
Die konsequente Unterordnung unter ein Ziel sei in China, Japan und Korea weiter verbreitet als in Deutschland. »Um in der ersten Liga der Pianisten spielen zu können, ist eine fast buddhistische Hingabe unerlässlich«, erklärte Thalmann. Profis übten fünf, sechs Stunden am Tag. Abgesehen vom Extremfall Klavier stammen immerhin noch 52 Prozent der 600 Studierenden der Musikhochschule Detmold aus Deutschland. Gleichwohl steigt der Ausländeranteil.
Um die deutschen Talente zu fördern, baut Detmold auf drei Pfeiler: Die Konzertreihe »Concerto Piccolino« soll Vier- bis Sechsjährige für klassische Musik begeistern, das im Oktober anlaufende Hochbegabtenzentrum lädt Musiker im Alter von zehn bis zwölf samt Eltern zu Wochenendlehrgängen ein, und die »Sommerakademie« (23. Juli bis 4. August) versammelt die 100 besten Solisten des Landes im Alter von 16 oder 17 Jahren in Lippe.
Bereits morgen rückt der Lions Club Westfalen-Lippe in der Musikschule Lage (Lange Straße 124) das Instrument Klavier in den Blickpunkt. Von 14 bis 18 Uhr spielen fünf junge Künstler um den mit 1000, 750 und 500 Euro dotierten »Musikpreis 2007«. Chancen haben unter anderem Kristina Simon aus Bielefeld und Sandra Urba aus Paderborn. Das Konzert ist öffentlich.

Artikel vom 02.03.2007