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Die Flucht als großes Drama

Arte zeigt den Film mit Maria Furtwängler bereits heute in einem Stück

Arte, 20.40 Uhr: Zwölf bis 14 Millionen Deutsche waren zwischen 1944/45 und 1950 von Vertreibung und Flucht aus den ehemaligen Ostgebieten betroffen.
Mit dem Treck auf der Flucht über das zugefrorene Haff: Lena Gräfin von Mahlenburg, dargestellt von Maria Furtwängler, drückt ihre (Film-)Tochter Victoria (Stella Kunkat) an sich. Foto: ARD

Zwei Millionen von ihnen kamen aus Ostpreußen. Im furchtbaren Winter 1944/45 versuchten sie zu Hunderttausenden unter dem Feuer sowjetischer Flieger über die zugefrorene Ostsee zu entkommen. Keine Beschreibung kann dem gerecht werden, was sie dabei durchlitten.
Das weiß auch Maria Furtwängler (40), Hauptdarstellerin des großen Fernsehfilmes »Die Flucht«, der heute von 20.40 Uhr bis 23.45 Uhr in der vollen Länge von 185 Minuten am Stück bei Arte und am Sonntag und Montag (jeweils 20.15 Uhr) als Zweiteiler im Ersten gezeigt wird. Sie habe Angst gehabt, an der Rolle der von ihr verkörperten Lena Gräfin von Mahlenberg zu scheitern: »Weil wir mit diesem Film einem Teil deutscher Geschichte Gesicht und Stimme geben«, glaubt die Schauspielerin. Genau dies habe sie aber auch beflügelt, »weil ich gespürt habe, dass es um eine größere Sache ging«.
Die Geschichte beginnt Mitte 1944 in Berlin. Lena verlässt die Reichshauptstadt, um sich mit ihrem todkranken Vater Berthold (Jürgen Hentsch) auf dem ostpreußischen Landsitz auszusöhnen. Doch die privaten Probleme sowohl mit ihrem Vater wie auch dem Vater ihrer eigenen Tochter, Heinrich Graf von Gernstorff (Tonio Arango) treten bald schon in den Hintergrund: Die Rote Armee rückt heran.
Lena beginnt notgedrungen mit den Vorbereitungen für die Flucht. Sie ist auf die Mithilfe des Kriegsgefangenen François (Jean-Yves Berteloot) angewiesen, der mit anderen Franzosen und Polen auf dem Mahlenbergschen Gut Zwangsarbeit leisten muss. Der Franzose verachtet die Gräfin - doch beiden bleibt keine Wahl: Sie müssen fliehen. Der Treck setzt sich in Bewegung, muss durch das Nadelöhr Kurische Nehrung.
Das Leidensszenario der Flüchtenden, die Bomben aufs Haff, im Eis einbrechende Kutschen sind Bilder, die keinen Zuschauer kalt lassen können. Furtwängler erwartet, dass nach der Ausstrahlung neue Diskussionen über die Vergangenheit einsetzen. »Ich hoffe: Unser Film trägt dazu bei, dass junge und alte Menschen über die schlimmsten Kapitel deutscher Geschichte miteinander reden.«
Die Produktionsfirma Teamworx (»Dresden«) drehte im Winter 2005/2006 vier Monate lang in Litauen. Regisseur Kai Wessel, der die zehn Millionen Euro teure Produktion mit 2100 Komparsen und 250 Pferdewagen im eiskalten Baltikum realisierte, hatte bereits vor 15 Jahren das Angebot vorliegen, einen Film über die Flucht zu drehen. »Damals dachte ich nicht im Traum daran, mich mit diesem als revanchistisch angesehenen Thema auseinander zu setzen.« Nun erzählt er konsequent aus der Perspektive der Zivilbevölkerung.
l In der ARD wird der Film von zwei Dokumentationen flankiert: »Die Flucht der Frauen« (Sonntag, 23 Uhr) und »Hitlers letzte Opfer« (Montag, 21.45 Uhr). Außerdem zeigt das Bayerische Fernsehen am Sonntag, 22.15 Uhr, eine Reportage von den Dreharbeiten. -ist-

Artikel vom 02.03.2007