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Schützen: Gesamter
Vorstand tritt zurück

BSG steckt in der Krise - Notlösung im Visier

Von Jürgen Rahe
Bielefeld (WB). Die Bielefelder Schützengesellschaft (BSG) von 1831 ist seit Dienstagabend führungslos. Der gesamte amtierende Vorstand mit Oberst Fritz-Eckhard Potthast (65) an der Spitze trat zurück. »Das ist unglaublich, ein historischer Tiefpunkt«, meinte kopfschüttelnd Horst Grube. »Mir tut das alles um die BSG sehr leid.«

Grube, Bielefelder Bürgermeister und seit mehr als einem Jahrzehnt BSG-Mitglied, kann sich nicht erinnern, dass ein solcher Eklat in den Bielefelder Schützenreihen schon mal passiert ist. Zumal die BSG zu den ältesten Vereinen in der Teutostadt gehört. In der Tat sind in der Vergangenheit schon andere BSG-Vorsitzende mehr oder weniger unerwartet zurückgetreten, aber der gesamte Vorstand - das ist ein Novum.
Am Dienstag Abend hatten sich exakt 86 BSG-Mitglieder im »Dormotel« auf dem Johannisberg zur ordentlichen Generalversammlung eingefunden. Nachdem die ersten Programmpunkte mit Ehrungen langjähriger Mitglieder und erfolgreicher Sportschützen voller Harmonie über die Bühne gebracht wurden, ging es Schlag auf Schlag. So überraschte der langjährige engagierte Sportleiter Gerhard Schwake (69) mit der Ankündigung, er und sein Stellvertreter Kurt Duneka stünden ab sofort in ihren Ämtern für die BSG nicht mehr zur Verfügung. »Dieser Entschluss ist mir nicht leichtgefallen«, sagte Schwake. Grund für den Rückzug sind Unstimmigkeiten zwischen ihm und Potthast.
Zum eigentlichen Keulenschlag hatte bereits kurz vorher das langjährige BSG-Mitglied Joachim Kramer ausgeholt, indem er die Vertrauensfrage stellte. Dies nicht zuletzt deshalb, weil unter der Ägide von Potthast die Mitgliederzahlen in der BSG rasant auf Talfahrt gingen. Hielten zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr noch 337 Mitglieder der BSG die Treue, so sind es jetzt nur noch 276 Mitglieder.
Der Kramer-Schlag muss bei Potthast, der das Amt des 1. Vorsitzenden vor zwei Jahren von Hans-Wilhelm Schneider übernommen hatte, wahrhaftig gesessen haben. Aber das »Rauhbein«, wie sich Potthast während der Versammlung selbst bezeichnete, bewahrte Kontenance und ging zu den nächsten Tagesordnungspunkten über, zu den Haushalts- und Jahresplanungen für 2007.
Nach dem Motto »Ohne Moos nicht viel los« wurde schnell deutlich, dass angesichts sinkender Mitgliederzahlen die künftigen BSG-Perspektiven immer geringer zu werden scheinen. Mit anderen Worten: Potthast stellte den Mitgliedern im Namen des Vorstandes unter anderem ein Schützenfest in abgespeckter Form vor. Doch ob angesichts des Rücktritts im Juni 2007 überhaupt ein Schützenfest stattfindet, steht in den Sternen.
Dann aber war es soweit: Bei der geheimen Vertrauensabstimmung sprachen sich 43 Mitglieder gegen Potthast aus, 34 Mitglieder votierten für ihn. Zudem gab es fünf Enthaltungen. Nach kurzer Unterbrechung folgte dann die Rücktrittserklärung des gesamten BSG-Vorstandes.
Potthast (»Ich habe nichts gegen sachliche Kritik - nur sollte sie direkt und nicht auf Umwegen an mich herangetragen werden«) kündigte an, er werde vom aktuellen BSG-Vorgang unverzüglich das Amtsgericht in Bielefeld in Kenntnis setzen, damit bis zur nächsten außerordentlichen Sitzung eine Übergangslösung in die Wege geleitet wird.
Ob und wie die traditionsreiche BSG wieder auf die Beine kommt, ist im Moment ziemlich unklar. BSG-Mitglied Grube kritisierte die Art der Vertrauensfrage. »Der Antragsteller hat dabei nicht zu Ende gedacht. Er wäre vielmehr gut beraten gewesen, alternativ gleich eine neue Führungsmannschaft zu präsentieren.«

Artikel vom 01.03.2007