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Uran im Garten vergraben

Atom-Fund im Weserdorf Lauenförde - Ministerium: keine Gefahr

Von Michael Robrecht
Lauenförde (WB). In einem Garten im niedersächsischen Lauenförde an der Landesgrenze zu NRW hat ein psychisch kranker Mann 110 Gramm angereichertes Uran versteckt. Woher Hermann F. (45) das radioaktive Material hatte, ist unklar. Polizisten durchsuchten gestern sein Elternhaus.
Gegen Hermann F. wird ermittelt Foto: Robrecht
Im beschaulichen Lauenförde in der Nachbarschaft zu Beverungen (Kreis Höxter) schockte die Nachricht von den Uran-Pellets im Garten der ortsbekannten Familie die Bevölkerung. Das niedersächsische Umweltministerium aber verbreitete Entwarnung: »Eine schädliche Strahlung oder akute Gesundheitsgefährdung von den Stoffen, die in verschlossenen Metallhülsen in einem Stahlbehälter steckten, gab es nicht.«
Das Unternehmen Eon Kernkraft (Hannover) schloss gestern aus, dass die Uran-Tabletten aus seinem stillgelegten Kernkraftwerk Würgassen stammen, das nur drei Kilometer vom Uran-Fundort entfernt liegt. Sprecherin Dr. Petra Uhlmann erklärte, die in Lauenförde gefundenen Pellets seien neun mal elf Millimeter groß und deshalb für einen Druckwasserreaktor bestimmt. »Würgassen hatte aber einen Siedewasserreaktor«, sagte Uhlmann. Auch habe man inzwischen den Namen des Tatverdächtigen mit den Listen des Zugangssystems verglichen: »Selbst wenn der Mann möglicherweise für eine Reinigungsfirma im Kraftwerk gearbeitet hat: den gesicherten Kontrollbereich hat er nie betreten.« Die Eon-Sprecherin erklärte, die Pellets stammten möglicherweise aus einer Brennelementefabrik.
Das passt zu Aussagen der Eltern des 45-Jährigen, die gestern davon sprachen, ihr Sohn habe das Uran von einer ihm unbekannten Person 1990 »zugesteckt« bekommen. Die Pellets seien zuvor in der Atomanlage Hanau gestohlen worden, soll Hermann F. seinen Eltern jetzt anvertraut haben.
In Briefen an zahlreiche Behörden hatte Hermann F. seit Jahren von dem Uran berichtet, aber nach einer erfolglosen Suche 1994 hatte ihm niemand geglaubt. Schließlich hatte der Anwalt des 45-Jährigen an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben. Einen Monat später hatte der Brief von Berlin aus den Weg ins niedersächsische Umweltministerium gefunden, wo er am 22. Februar eintraf.
Noch am selben Tag entdeckten Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim das Uran im Garten: 14 Pellets zu je 7,8 Gramm. Aus diesen werden normalerweise Brennstäbe für Kernkraftwerke zusammengesetzt. Die zylinderförmigen Stücke sind etwa einen Zentimeter hoch und wiegen je knapp acht Gramm. Sie hatten einen Anreicherungsgrad von vier Prozent. Dies reicht für Reaktorbrennstoff aus. Für den Bau einer Atombombe ist eine Anreicherung von mehr als 90 Prozent erforderlich.
Hermann F., der neun Mal in psychiatrischen Einrichtungen behandelt worden ist, wollte gestern keine Einzelheiten zu den Umständen nennen, unter denen er 1990 die Urantabletten bekommen haben will. Gegen den 45-Jährigen ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Hildesheim wegen unerlaubten Umgangs mit radioaktiven Stoffen.
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Artikel vom 02.03.2007