01.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Mit Kraftakt will Airbus
aus der Krise fliegen

Flugzeughersteller baut 10000 Stellen ab

Toulouse (dpa). Mit einem gewaltigen Kraftakt will der angeschlagene europäische Flugzeugbauer Airbus die schwerste Krise in seiner fast 40-jährigen Geschichte überwinden: 10 000 Stellen sollen abgebaut und Unternehmensabläufe gestrafft werden.
Spontane Aktion gestern in Nordenham: Vor einem Modell des Großraumflugzeugs A380 protestieren Airbus-Mitarbeiter. Foto: dpa
Vier Kompetenzzentren sollen die bisher in acht nationale Einheiten gegliederte Organisation ablösen. Die Pläne des deutsch-französisch dominierten Flugzeugkonzerns stießen bei den Beschäftigten auf massiven Widerstand.
Wie das Tochterunternehmen des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS gestern in Toulouse mitteilte, sollen in Deutschland 3700 Stellen wegfallen. Weitere 4300 Arbeitsplätze seien in Frankreich betroffen - davon 1100 auf die Airbus-Zentrale in Toulouse. In Großbritannien sind es 1600 Stellen und 400 in Spanien. 5000 der genannten Stellen seien mit »Zeitarbeitskräften oder Unterauftragnehmern« besetzt.
Das Unternehmen will im Zuge des »Power8« genannten Sanierungsprogramms niemanden entlassen. Die beschlossenen Anpassungen sollen durch natürliche Fluktuation, Vereinbarungen über freiwilliges Ausscheiden und weitere Maßnahmen erfolgen.
Airbus-Chef Louis Gallois sagte bei der Vorstellung der Umbaupläne in Toulouse, die geplanten Kostensenkungen von 2,1 Milliarden Euro bis zum Jahr 2010 seien ein Minimum: »Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen sie erreichen.«
Eine langfristige Bestandsgarantie wollte Gallois aber für kein Werk geben. Für die Airbus-Werke in Varel (Niedersachsen), Laupheim (Baden-Württemberg) sowie im französischen St. Nazaire will das Management verschiedene Möglichkeiten ausloten. Dazu zählt neben einem Verkauf an Hauptzulieferer auch eine Abgabe an das Management oder die Zusammenlegung mit anderen Werken. Für den Standort Nordenham (Niedersachsen) sowie für Filton in Großbritannien und Méaulte (Frankreich) erwägt Airbus »industrielle Partnerschaften«. Für diese Standorte gebe es bereits »unaufgefordert Angebote möglicher Investoren«.
Unterdessen legten Arbeitnehmer in Varel, Nordenham und Laupheim die Arbeit nieder. Die Arbeit solle vermutlich erst morgen wieder aufgenommen werden. Die französischen Arbeitnehmer reagierten erzürnt auf die Lastenverteilung. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Pläne legten mehr als 1000 Beschäftigte in Toulouse die Arbeit nieder.
In den neuen vier transnationalen Kompetenzzentren erhält Deutschland die Federführung für Flugzeugrumpf und Kabine, Großbritannien für Tragflächen, Spanien für Heck und Frankreich für die Flugzeugstruktur. Hamburg erhält »unverzüglich« eine dritte Endmontagelinie für das Modell A320. Dieser Verkaufsschlager wurde bislang ausschließlich in Toulouse endmontiert, während in Hamburg die Schwestermodelle A318, A319 und A321 gebaut werden.
Airbus wird das neue Riesenflugzeug A380 sowohl in Hamburg als auch in Toulouse ausliefern. Toulouse bekommt im Gegenzug die Endmontage für das neue Langstreckenflugzeug A350.

Artikel vom 01.03.2007