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Täter bleibt immer in Haft

Gericht verfügt nachträgliche Sicherungsverwahrung

Von Gerhard Hülsegge
Bielefeld (WB). Das Landgericht Bielefeld hat gestern Justizgeschichte geschrieben. Es verhängte über einen Häftling (61) bundesweit erstmals eine nachträgliche Sicherungsverwahrung bis zum Lebensende, weil der Mann unter Alkohol regelmäßig zum Gewalttäter wird.
Jürgen W. (61) ist untherapierbar.Foto: Heinze


»Sie sind hoch gefährlich und werden mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder schwere Straftaten begehen«, meinte Jutta Albert, Vorsitzende Richterin der 10. Großen Strafkammer zum Verurteilten. Das hätten nicht zuletzt zwei aktuelle Gutachten belegt. Sie bescheinigte ihm eine »skrupellose und menschenverachtende Gesinnung«. Der Verteidiger kündigte Revison vor dem Bundesgerichtshof an.
Jürgen W. saß wegen verschiedenster Delikte in Haft. Mit 15 Jahren wurde er erstmals straffällig. Insgesamt wuden ihm 21 Straftaten zur Last gelegt. Unter anderem hatte er 1985 in Bielefeld eine Frau drei Tage lang schwer misshandelt und vergewaltigt. In Bad Oeynhausen erschlug er 1996 einen Zechkumpanen und steckte die Leiche in einen Mülleimer.
Therapieversuche schlugen allesamt fehl. Kaum aus der Haft entlassen, griff Jürgen W. stets wieder zur Flasche und wurde straffällig. Seit 2001 befindet er sich deshalb hinter Gittern, hätte jetzt aber entlassen werden sollen. Dem kam die Bielefelder Staatsanwaltschaft mit ihrem Antrag zuvor, den vorläufigen Unterbringungsbefehl aufrecht zu erhalten.
»Wir müssen von einer sehr hohen Gefahr ausgehen, wenn man ihn in die Freiheit entließe«, meinte Staatsanwalt Jens Balke in seinem Plädoyer über den ehemaligen Kellner. Verteidiger Dr. Carsten Ernst vermisste dagegen »neue Tatsachen« für einen so weitreichenden Eingriff in die Rechte seines Mandanten wie die lebenslange Haft. Jürgen W. schlug vor, sich einen Chip zur Feststellung seiner künftigen Aufenthaltsorte einpflanzen zu lassen. »Der verhindert nicht Ihren Alkoholkonsum«, meinte Richterin Albert.

Artikel vom 01.03.2007