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Theodor Heuss, erster Bundespräsident

»Der 8. Mai 1945 war Tragödie und Paradoxie für alle Deutschen. Weil wir uns als erlöst und vernichtet zugleich erschienen.«

Leitartikel
Vertreibung 1945/2007 ff.

Die große Flucht - mehr als ein Film


Von Rolf Dressler
Maria Furtwängler ist eine herausragende Schauspielerin und ein Mensch von außergewöhnlichem Format. Eine Ausnahmeerscheinung in einer Zeit, in der das Laute und das Schrille zwar raschen Publikumserfolg verheißen, in Wahrheit zumeist aber nur einen erschütternden Mangel an Geist und Gesittung übertünchen.
Ungezählte Fernsehzuschauer dürfte Maria Furtwängler an diesem Freitagabend des 2. März 2007 in ihrem Innersten aufgewühlt und zu Tränen der Erinnerung und des Mitleidens angerührt haben. Denn wohl jedem, ob Überlebendem oder Nach(kriegs)geborenem, wird der 3-Stunden-Film »Die Flucht« unter die Haut gegangen sein.
Es schreibt und sagt sich ja noch halbwegs leicht im nunmehr 62. Jahr danach, dass damals, als endlich die Waffen schwiegen am 8. Mai 1945, die Stunde von Millionen heldenhaft tapferen deutschen Frauen geschlagen habe. Doch was sich dann zutrug auf den endlosen Rette-sich-wer-kann-Trecks von Deutschland Ost nach Deutschland West, ist bis auf den heutigen Tag auf furchtbare Weise ohne Vergleichsbeispiel in der Schreckenskette der Menschheitsgeschichte.
Denn die im Wortsinne brutalstmögliche, totale Vertreibung von 15 Millionen Deutschen aus ihrer angestammten, jahrhundertealten Heimat in Ostpreußen, Pommern, Schlesien und dem Sudetenland war das größte Völkerrechtsverbrechen dieser Kategorie, das je verübt worden ist. Deutsche Kultur und deutsche Sprache in den einst blühenden Ostprovinzen wurden gnadenlos ausgerottet. Exakt so, wie die alliierten Feind-Mächte es, wohlgemerkt schon Ende 1943, anderthalb Jahre vor der Kapitulation des Deutschen Reiches, verabredet hatten.
Blindwütig und eiskalt zugleich wurde Rache genommen. Doch die zynisch so genannte »Westverschiebung« Polens zugunsten der Sowjetunion des Großtyrannen Joseph Stalin und zu Lasten Deutschlands spricht allen Kriegs- und Völkerrechtsnormen hohn. Der durchschlagende »Erfolg« aber bestärkt noch immer größenwahnsinnige Gewaltherrscher darin, ihr Heil in Massenvertreibungen und Völkermord zu suchen.
Ohne Selbstüberhebung hingegen können gerade wir Deutschen getrost von uns sagen, dass wir unsere Lektion gelernt haben. Deutschland hat eine der besten Verfassungen der Welt, ist vorbildlich demokratisch-rechtsstaatlich verankert. Und es darf darauf verweisen, mit der Aufnahme und Eingliederung jener 15 Millionen Landsleute aus den Vertreibungsgebieten im Osten eine grandiose Gemeinschaftsleistung vollbracht zu haben.
Übrigens bekundeten die deutschen Heimatvertriebenen schon in ihrer Charta vom 5. August 1950 den Verzicht auf jedwede Rache und Vergeltung und gelobten feierlich, tatkräftig ein geeintes Europas mit aufzubauen.
Auch von dort spannt sich der Zeitenbogen zu Maria Furtwänglers Verkörperung der Gräfin Lena von Mahlenberg in dem ergreifenden Fernsehfilm »Die Flucht«.

Artikel vom 03.03.2007