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»Jesus« steht auf dem Knochensarg

Wissenschaftler bezweifeln Entdeckung der Gebeine in Jerusalemer Höhle

New York/Leiden/Jerusalem (dpa). Die Nachricht vom angeblichen Fund des Grabes Jesu und seiner Familie in Jerusalem stößt in den USA und Kanada auf Skepsis.

Zwei Dokumentarfilmer hatten den Knochensarg, der nach ihren Worten die Gebeine von Jesus von Nazareth enthalten haben könnte, am Montagabend in New York vorgestellt. Die »New York Times« zitierte gestern den Harvard-Professor Lawrence E. Stager mit den Worten, der Fund »beutet die Idee aus, die Dan Browns Bestseller ÝSakrilegÜ in die Welt gesetzt hatte«.
Der israelisch-kanadische Dokumentarfilmer Simcha Jacobovici und der dreifache Oscar-Preisträger James Cameron (»Titanic«, »The Terminator«) schließen aus den Funden in der Grabhöhle, dass Jesus mit Maria Magdalena verheiratet war und einen Sohn hatte. »Wir haben konkrete archäologische und forensische Beweise«, sagte Cameron in New York. »Jede Aussage wurde doppelt, dreifach und vierfach gecheckt«, fügte Jacobovici hinzu. Der Film wird am Karfreitag (6. April) in Deutschland im privaten Fernsehsender ProSieben gezeigt.
Die Filmemacher brachten zwei schmale Kalksteinsärge aus Jerusalem mit, die bereits in den 80er Jahren bei Bauarbeiten im Stadtteil Talpiot gefunden und von einer israelischen Behörde eingelagert worden waren. Die darin befindlichen Knochen wurden erneut beigesetzt und stehen zur Analyse nicht mehr zur Verfügung. Aber man könne noch DNA-Spuren auf dem Boden der Särge finden, sagte Jacobovici.
Die Entdeckung hat unter Religionswissenschaftlern und Archäologen eine heftige Debatte ausgelöst. Der Experte für das Neue Testament an der Universität Leiden (Niederlande), Professor Jürgen Zangenberg, bezeichnete die Theorie als unrealistisch: »Hier geht es um Geld und um Schlagzeilen.«
Auch in Israel ist die Bedeutung der bereits vor 26 Jahren entdeckten Höhle umstritten. Der Archäologe Amos Kloner erklärte: »Es ist eine sehr schöne Geschichte, aber es gibt keinen Beweis dafür.« Die Namen auf den Särgen seien zu jener Zeit weit verbreitet gewesen. Sie nennen »Jesus, Josephs Sohn« sowie »Judah, Sohn von Jesus« und »Maria« (zwei Mal). Den Dokumentarfilmern zufolge ist einmal die Mutter von Jesus und das andere Mal Maria Magdalena gemeint.
Für Zangenberg fehlt der Beweis, dass die Knochen Jesu jemals in eine Steinkiste, ein so genanntes Ossuarium, gelegt wurden. »Nach den Berichten der Evangelien wurde Jesus in ein Grab gelegt. Dann verschwand die Leiche«, sagte er.

Artikel vom 28.02.2007