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Klars Hafterleichterung gestoppt

Grund ist das umstrittene Grußwort an die Rosa-Luxemburg-Konferenz

Stuttgart (dpa). Der ehemalige RAF-Terrorist Christian Klar erhält wegen seiner jüngsten fundamentalen Kapitalismuskritik vorerst keine Haftlockerungen, die ihn auf eine Freilassung vorbereiten könnten.
Das gab der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) gestern in Stuttgart bekannt. Grund sei Klars umstrittene Grußbotschaft vom 13. Januar 2007 an die Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin.
Darin hatte der seit 24 Jahren einsitzende Mörder die Hoffnung geäußert, »die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen«. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) sieht damit keine Chance mehr für eine Begnadigung Klars. Stattdessen müsse geprüft werden, ob der Ex- Terrorist über 2009 hinaus in Haft bleiben müsse.
Goll will ein neues Gutachten »über die Frage einer fortwährenden Gefährlichkeit des Gefangenen Klar« in Auftrag geben. »Die irritierenden Aussagen des Gefangenen stellen zum Teil das Ergebnis des bereits vorher fertig gestellten Lockerungsgutachtens in Frage.« Erleichterungen im Strafvollzug sollen der Vorbereitung auf ein Leben in Freiheit dienen. Dabei geht es etwa um Wochenendurlaub oder schließlich um Freigang. Einen Rechtsanspruch darauf gibt es nicht.
Die Mindesthaftdauer für Klar, der wegen mehrerer gemeinschaftlich verübter Morde in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal sitzt, läuft nach 26 Jahren am 3. Januar 2009 aus. Klar hofft derzeit auf eine Begnadigung durch den Bundespräsidenten.
Der Freiburger Kriminologe Helmut Kury hatte ein Gutachten über Klar erstellt. Die jüngsten Äußerungen Klars bezeichnete Kury als »singulär und politisch unklug«. Er sei sich aber sicher, dass Klar »selbstverständlich nicht mehr zur Gewalt zurückkehren werde«.
Die Witwe des 1977 von RAF-Terroristen ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer appellierte an Bundespräsident Horst Köhler, Klar nicht zu begnadigen. Das Grußwort des Ex-Terroristen »beweist, dass in Klars Kopf in all den Jahren der Haft nichts stattgefunden hat. Ist das nicht das entscheidende Argument dafür, dass er nicht begnadigt werden darf?«, erklärte Waltrude Schleyer.
Beckstein sagte »Spiegel Online«: »Statt über eine vorzeitige Entlassung oder gar Begnadigung Klars zu spekulieren, muss rechtzeitig geprüft werden, ob Klar auch über 2009 hinaus noch länger in Haft bleiben muss.« Wer die jüngsten Äußerungen Klars nur als »offenbar politisch verwirrt« bagatellisiere, »lässt außer Acht, dass Klar wegen der Ermordung zahlreicher Menschen verurteilt ist«. Er bezeichnete Klar als »unverbesserlichen Terroristen«. Dies machten der »aggressive Ton Klars und seine ideologische Verbohrtheit« deutlich.
Dagegen mahnte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, die Politik solle »in keine öffentliche Beratungsdebatte« eintreten. Die Zuständigkeit liege allein beim Bundespräsidenten. Klars Äußerungen bezeichnete Beck als »an Abwegigkeit schwer zu übertreffen«. Er betonte aber auch: »Nicht bei Trost zu sein, ist kein Grund, nicht nach so langer Zeit aus der Haft entlassen zu werden.« Seite 4: Kommentar

Artikel vom 01.03.2007