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Ensemble entfacht ein Feuerwerk

Orchesterkonzert des »Philharmonischen Collegiums Bielefeld« in Senne

Von Gustav-Adolf Lent (Text und Foto)
Senne (WB). Die Streitfrage nach der Aufführungspraxis »historisierend (alte Instrumente) oder modern« ist beim Konzert des »Philharmonischen Collegiums Bielefeld« in der St.-Bartholomäus-Kirche in Senne salomonisch beantwortet worden.
Konzertmeisterin Ursula Esch im Spiel mit Rudi Dworatzek und Eric Quirante-Kneba (r.).
Auf ihren »modernen Instrumenten« entfachte das aus Mitgliedern des Philharmonischen Orchesters Bielefeld bestehende Ensemble am Sonntagabend ein wahres Feuerwerk an klanglicher Farbigkeit und beweglicher Phrasierungskunst. Die 170 gebannt lauschenden Zuhörer in dem mit einer guten Akustik ausgestatteten Kirchenraum ließen sich mitnehmen auf eine musikalische Reise mit Werken des Barock zum Thema »Wasser«.
So vielseitig wie Brigitta Dudler in ihrer Zwischenlesung die Erscheinungsformen des Wassers beschrieb (von der Quelle des Lebens bis zur zerstörerischen Macht), so variabel nähern sich die großen »Drei« des Barock (Bach, Händel und Telemann) in ihrer Musik diesem Thema.
In seiner als Tafelmusik konzipierten »Wasser-Ouvertüre Hamburger Ebb' und Flut« (1723) entpuppt sich Georg Philipp Telemann als humorvoller Charakter und Tonmaler. In wechselnden Instrumentenkombinationen wird die Welt der griechisch-römischen Meeresgötterwelt musikalisch ausgedeutet.
Was soll man in dem von der Konzertmeisterin Ursula Esch überzeugend angeführten hochkarätigen Ensemble dabei mehr hervorheben: die warmtönigen, geschmeidigen Blockflöten von Frank Oberschelp und Catrin Hutzenlaub oder die gefälligen Querflöten von Brigitta Dudler und Wiltrud Pemsl? Die virtuos- klangvollen Oboen des Orchestergründers und Koordinators der Konzerte, Klaus-Joachim Dudler, mit Thomas Bogdan und Henning Schröder oder die äußerst sichere Continuo-Gruppe mit dem Haller KMD Martin Rieker (Cembalo), Michael Römisch (Fagott), Annette Fuhrmann (Cello) und Manfred Rössel (Baß)?
Bewundernswert, wie sich die Streicherkollegen Rudi Dworatzek, Eric Quirante-Kneba, Caroline Schirrmeister, Jörg Engelhardt und Lutger Bischof in den für damalige Verhältnisse außergewöhnlichen Orchestercrescendi mit den Bläsern in einen orkanartigen Tuttiklang steigern, andererseits auch einen fahlen Pianissimo-Ton zaubern konnten.
Mit einem fröhlichen Reigentanz »Canarie« endet Telemanns Werk und findet seine galante Fortsetzung in Johann Sebastian Bachs »Brandenburgischem Konzert Nr.I in F-Dur«. Ergänzt durch die prächtigen Hörner von Martin Welpmann und Jörg Herrmann, die ihre schwierigen Partien exzellent ausführten, und der versierten Solo-Violine von Ursula Esch, entfacht das Ensemble in den pompösen, stilisierten Tanzsätzen einen Klangzauber, der im Mittelsatz durch den schmerzlichen Gesang der Violine und Oboe eine beklemmende Spannung erhält.
Mit der ersten Suite in F-Dur, der »Wassermusik« von Georg Friedrich Händel, die als Auftragswerk für eine königliche Bootsfahrt auf der Themse 1717 in London zur Aufführung kam, endete ein unterhaltender und anregender Musikabend. Noch einmal zeigte das »Collegium« mit einer rauschenden Ouvertüre, feurigen Jagdstücken und einer Vielfalt an Klangkombinationen seine enormen technischen und gestalterischen Fähigkeiten. Das begeisterte Publikum entließ die Musiker erst nach einer »Wassermusik«-Zugabe. Man darf sich auf ein Wiederhören freuen.

Artikel vom 27.02.2007