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Wärmebild
jagt Fehler
der Technik

Bäumer dient der Fertigung

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). »Die elektronische Steuerung ist die Achillesferse der meisten Produktionsanlagen«, sagt Herbert Bäumer. Er ist Elektromeister und Inhaber der Firma »BL Automation« in Bielefeld.

Bäumer plant nicht nur Steuerungstechnik für die Wirtschaft oder Kommunalbetriebe wie Kläranlagen: Immer häufiger ist er detektivisch im Einsatz, spürt mit der Wärmebildkamera Elektronikdefekte auf, spart Unternehmen Ausfälle und Millionenverluste.
Fallbeispiele liefert der Bielefelder »Mann mit dem Koffer« wie am Fließband. Immerhin ist der 48-jährige Unternehmer nahezu im gesamten Bundesgebiet im Einsatz, setzt die Thermografie ein, um Schwachpunkte in der Elektronik aufzuspüren und frühzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Von einem kleinen Defekt in einem Bauteil geht oftmals eine Kettenreaktion mit unvorstellbaren Folgen für ein Gesamtunternehmen aus. Insbesondere in hochsensiblen Bereichen wie der Lebensmittelindustrie mit eng gesteckten Verfallsdaten für Nahrungsmittel kann ein Defekt in der Verpackungskette ins Geld gehen.
Beispiel Saftfabrik: 50 000 Liter Saftkonzentrat müssen im Minutentakt über die Abfüllanlage laufen. Deren Ausfall führt zum »Supergau«, wie Bäumer schildert. Das Saftkonzentrat muss entsorgt werden. »Und das kann man nicht einfach in den Kanal leiten. Da würde das gesamte biologische System zerstört.«
Damit solche Fälle nicht vorkommen, nimmt der Bielefelder mit seiner Wärmebildkamera regelmäßig die komplette Schaltelektronik unter die Lupe. Unterschiede in der Temperatur werden optisch erkennbar. Fünf Grad Differenz reichen für den Spezialisten aus, um auf die Suche nach den Ursachen zu gehen. Ein defekter Endverschluß oder eine defekte Klemmverbindung irgendwo in einem Schaltschrank. Bäumer: »Erkennbar ist der Fehler lange, bevor es zum Kurzschluss oder sogar zum Brand kommt.« Allein 2000 Klemmen von Hand zu kontrollieren, ist für einen einzelnen Elektriker kaum leistbar. Mit der Wärmebildkamera ist es in weniger als einer Stunde erledigt.
Frühdiagnose ist das Herzstück von Bäumers Arbeit. Man kontrolliert am besten Maschinen oder ganze Anlagensysteme unter Volllast. Wer frühzeitig Defekte ausmacht, kann für deren Beseitigung entsprechende Nischen in der Maschinenauslastung geschickt nutzen und damit Personalkosten sparen. Bäumer: »Produktionssicherheit ist entscheidend für einen Wirtschaftsstandort.«
Das Spektrum der Branchen reicht für den gebürtigen Beckumer dabei von der Gießerei über das Zementwerk bis zu Abfüllanlagen in Brauereien oder den Rotationen in der Druckindustrie. Eine namhafte Weizenbrauerei, erklärt Bäumer, lässt mittels permanentem Wärmebild sogar die Reinigungsqualität der gespülten Bierfässer kontrollieren: »Wäre im Fass statt Restwasser noch Restlauge, könnte man das im Temperaturunterschied erkennen.«
Die Brauerei ist natürlich in Bayern. Da ist der Bielefelder ebenso im Geschäft wie in Norddeutschland. Allerdings: Im Maschinen- und Anlagenbau gerade seiner Heimatregion OWL hat Bäumer bislang kaum Aufträge bekommen. Um so engagierter akquiriert er gerade neue Kontakte über das Netzwerk von OWL Maschinenbau - für die hochsensible Kamera mit einer Auflösung von 1,3 Millirad gibt es da genug zu tun. Bei einem Messpunkt pro Millimeter lassen sich feinste Defekte ermitteln.
Gelernt hatte Herbert Bäumer den Beruf des Energieanlagenelektronikers. Er arbeitete in unterschiedlichen Firmen, machte seinen Meister im Handwerk und wirkte fortan im Bereich des Industrie- und Schaltanlagenbaus. Bäumer arbeitete in Minden und Bielefeld, kam über die Aufträge im Bereich des Kläranlagenbetriebes mit der Umweltproblematik in Kontakt und erkannte schnell, welche Möglichkeiten die Thermografie hier bietet, um Defekte frühzeitig aufzuspüren.
In nächster Zeit ist der Bielefelder in Lingen am Zug. Im Emsland geht es um die vorbeugende Kontrolle einer Reihe von Klärwerken.

Artikel vom 17.03.2007