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Oscars für Große und Kleine

Altmeister Scorsese und Debütant von Donnersmarck jubeln in Hollywood

Hollywood (dpa). Der eine ist 1,63 Meter klein, der andere ragt mit mehr als zwei Metern weit über seine Hollywood-Kollegen hinaus. Für »Marty« war es der achte Versuch, einen Oscar zu gewinnen, für Florian der erste Auftritt bei der Film-Gala.

Martin Scorsese ist 64 Jahre alt und seit knapp vier Jahrzehnten im Geschäft. Florian Henckel von Donnersmarck, 33 Jahre jung, war mit seinem Debütspielfilm »Das Leben der Anderen« als Newcomer unterwegs. Nach der Oscar-Gala im Kodak Theater in Hollywood haben sie nun eines gemeinsam: Einen vergoldeten Mann namens Oscar, 35 Zentimeter groß.
Nach seinem Triumph vor einem Weltpublikum strahlte der gebürtige Kölner von Donnersmarck nach der Verleihung über seinen Oscar für den besten nicht englischsprachigen Film. »Mich freut einfach, damit zeigen zu können: Das deutsche Kino ist absolut auf Weltniveau und dieses Jahr von den Amerikanern und dieser sehr elitären Organisation sogar für das beste Kino der Welt befunden worden«, jubelte Donnersmarck, seinen glänzenden »Goldjungen« fest im Griff.
Dem Oscar-Jubel gingen viele andere Freudensausbrüche des Regisseurs voraus. Auf den Bayerischen Filmpreis folgten der Deutsche und Europäische Filmpreis 2006, ein Publikumspreis in Locarno, eine Nominierung für den Golden Globe und viele Ehrungen mehr. Lohn für fünf Jahre Arbeit am Drehbuch seines Films, für die schwierige Finanzierungsphase und den Kampf, überhaupt ernst genommen zu werden als junger, privilegierter »Wessi«, der eine Ost-Berliner Geschichte auf die Leinwand bringen wollte.
Den beruflichen Einstieg zum Film suchte der Vater von zwei, bald drei Kindern durch ein Praktikum bei Regie-Altmeister Richard Attenborough. An der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film lernte Henckel von Donnersmarck sein Handwerk - so gut, dass gleich sein erstes langes Werk den Oscar holte.
Obwohl Martin Scorsese schon wesentlich länger im Filmgeschäft ist als sein junger Kollege Donnersmarck, war er auf der Bühne bei der Übergabe des bedeutendsten Film-Preises zu Tränen gerührt und konnte nicht glauben, dass er nach acht Nominierungen endlich einen Oscar sein Eigen nennen darf. Das Genie hinter Filmen wie »Taxi Driver«, »Good Fellas« und »Wie ein wilder Stier« wollte fassungslos noch mal prüfen lassen, ob wirklich sein Name im Umschlag lag. »Das war eine totale Überraschung«, beteuerte der Italo-Amerikaner mit New Yorker Akzent nach seinem Sieg vor der Presse. »Ich bin es einfach nicht gewohnt zu gewinnen.«
In der Aufregung vergaß der Altmeister aber nicht, seinem langjährigen Kameramann, dem deutschen Michael Ballhaus, ausdrücklich zu danken. Er hatte den Mafia-Streifen »The Departed: Unter Feinden« zusammen mit Scorsese gedreht. Der Thriller über Gangster, Polizisten und Spitzel auf beiden Seiten erhielt neben dem Oscar für den besten Film auch eine Trophäe für Schnitt und das beste Drehbuch nach einer Romanvorlage.
Grund zum Feiern gab es also sowohl für den »kleinen« als auch für den »großen« Gewinner des Abends. So wollte von Donnersmarck im Anschluss an die Verleihung mit seiner Frau Christiane und seinen beiden Stars Sebastian Koch und Ulrich Mühe auf den legendären Promi-Parties nach der Show als erstes die magischen Kräfte des Oscars testen. »Ich habe gehört, dass man sich normalerweise immer unglaublich ausweisen muss«, sagte Donnersmarck. »Aber mit dem Oscar in der Hand kann man wie mit lauter Supermännern, die mit Kryptonit umgeben sind, einfach durchgehen.«

Artikel vom 27.02.2007