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Kurorte suchen Firmen
Heilbäder fürchten um die ambulante Kur - Mutter-Kind-Kur ist Pflichtleistung

Die Mütter/Vater-Kind-Kuren haben es geschafft: Sie sind, seit die Kabinettsvorlage des Gesundheitsreformgesetzes auch vom Bundestag abgesegnet wurde, nun Pflichtleistung der Krankenkassen. Und in der Begründung für dieses Gesetz weist die Bundesregierung außerdem darauf hin, dass neben Mutter/Vater-Kind-Kuren auch stationäre Rehabilitation für ältere Menschen nun Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind. Die ambulanten Vorsorgemaßnahmen - also die klassische Badekur - sowie stationäre Heilverfahren werden aber nur Kann-Leistung bleiben.
Hier fürchtet der Deutsche Heilbäderverband (DHV), dass diese Heilverfahren künftig dem Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenkassen zum Opfer fallen könnten. »Ein faktisches Ende der ambulanten Kuren«, so Präsident Prof. Dr. Manfred Steinbach, »wäre nicht nur für die Anbieter und Kurorte fatal, sondern ein schwerer Einschnitt in die bewährte Therapieszene in unserem Lande zu Ungunsten der Patienten.«
Aber: Für die betriebliche Gesundheitsförderung können Kassen jetzt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch erbringen. So zeigt Kurdirektor Heinz-Hermann Blome aus Bad Pyrmont wie das erfolgreich gehen kann: Das niedersächsische Staatsbad arbeitet mit dem 3600 Mitarbeiter zählenden Unternehmen »Phoenix Contact« im lippischen Blomberg zusammen. In ein betriebliches Gesundheitsmanagementsystem sind sowohl Unternehmensführung, Betriebsrat, der werksärztliche Dienst und Sicherheitsfachkräfte als auch die örtliche Ärzteschaft und auf Bundesebene die Krankenkassen eingebunden. Dafür wurde sogar in Werksnähe ein eigenes Gesundheitszentrum »Actiwell« geschaffen.
Das Bewegungskonzept basiert auf einer speziellen Physio-Checkup-Untersuchung jedes einzelnen Mitarbeiters. Ähnliche Konzepte sieht Kurdirektor Blome auf viele andere Kurorte übertragbar.
Ein ähnliches, allerdings nicht so umfassendes Präventionsprogramm setzt übrigens bereits seit einigen Jahren Baden-Württemberg um. »Topfit = Jobfit« wurde speziell für Berufstätige entwickelt, und auch hier steht die betriebliche Gesundheitsförderung im Mittelpunkt.
Auch aus demografischen Gründen sei betriebliches Gesundheitsmanagement eine Zukunftsaufgabe deutscher Unternehmer, bekräftigt Prof. Dr. med. Ralf Ohlendorf, Institut für Arbeitsmedizin Detmold und Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Paderborn. So müsse die rückblickende betriebliche Krankenstandsdiskussion sich wandeln zur strategischen, zukunftsorientierten präventiven Gesundheitsdiskussion. Die Initialzündung dazu müsse von den Unternehmen ausgehen - die Dienstleistungen aber könnten die Kurorte erbringen. Alois Gassner

Artikel vom 02.03.2007