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Falsche Erbstrategien bedrohen Unternehmen

Kompetenz-Netz: Fachanwalt Alexander Geilert referiert zu Fragen der Nachfolgeregelung

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Es muss nicht gleich zum Erbstreit kommen, um ein kleines oder mittelständisches Unternehmen in der Existenz ernsthaft zu gefährden. Selbst eine noch so gut gemeinte Aufteilung auf die Nachkommen stellt oftmals eine echte Bedrohung dar. Dieses Thema war dem Bielefelder Kompetenz-Netz interessante Ausführungen von Fachanwalt Dr. Alexander Geilert wert.

Nur wenige Tage nachdem das Bundesverfassungsgericht Ende Januar die Novellierung der deutschen Gesetzgebung noch vor der ersten Lesung im Parlament gestoppt hatte, musste Fachjurist Alexander Geilert vor mehr als 50 Mittelständlern im Lessinghaus wichtige Hinweise zunächst einmal am bestehenden Recht orientieren. Erhebliche Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften wird es vorerst weiter geben, wesentliche gewünschte Erleichterungen müssen erneut überarbeitet werden.
Geilerts wichtigster Hinweis für alle Interessenten: »Möglichst viele Dinge zu Lebzeiten regeln.« Maßstab und Ziel jedes Falles muss es demnach sein, die Versorgung der Angehörigen zu sichern, die Nachfolge personell zu formulieren, einen fairen Ausgleich zwischen den verschiedenen Parteien anzustreben und Streit zu vermeiden. Was noch zu Lebzeiten in trockenen Tüchern ist, kann später unter Verwandten nicht mehr erhebliche Probleme, Streitigkeiten oder sogar juristische Auseinandersetzungen hervorrufen.
Oft ist die Angst vor dem Tod der wichtigste Grund, warum sich Familienunternehmer nicht mit der Nachfolge befassen, weiß Geilert aus langjähriger Berufspraxis. Es gibt nicht wenige Unternehmer über 70, die noch keinen Gedanken daran verschwendet haben, sagt Geilert. Dabei ist der familiäre Rahmen nach Aussage des Fachmannes gar nicht entscheidend. Geht es allerdings um Gesellschafterstrukturen und Liquiditätsschonung, kann es schnell zu spät sein. Wer mit Arbeitstiteln wie »Erbrecht« und »Pflichtteilsrecht« richtig umgehen will, bedarf der ausführlichen fachlichen Begleitung. Pflichtteile werden immer sofort und in bar fällig, betont der Experte. Um entsprechende Summen darstellen zu können, gehen viele Firmen in die Knie. Geilert: »Es gibt immer eine Nachfolge. Manchmal ist es leider die Insolvenz.« Sprich: Für einen kleinen Handwerksbetrieb kann eine Aufteilung von Betriebsteilen auf Geschwister oder Eltern und Kinder das Aus bedeuten, weil Teile verkauft werden müssen.
Insbesondere mit eingehenden Beispielen aus der Praxis machte der Fachmann den Mittelständlern eindrucksvoll klar, wie schmal mancher Grat ist. Beispiel: Ein Unternehmer vermacht dem Sohn die Firma, der Tochter das Grundstück, auf dem sie steht - mit der Maßgabe, es an die Firma zu verpachten. Der Verkehrswert des Grundstücks und die daraus fälligen 270 000 Euro Erbschaftssteuer zwingen die Tochter zum Verkauf. Bei entsprechender Beratung, glaubt der Experte, wäre dieses handschriftliche Testament nicht entstanden und die Firma noch am Markt. Anhand ganz legaler Schritte wie Vorerbe und Nacherbe oder modifizierter Zugewinngemeinschaft wurde den Zuhörern schnell klar, wie wichtig die richtige Nachfolgeregelung für Privatleute und Unternehmer gleichermaßen aussehen sollte.
Für den Verein Kompetenz-Netz und seinen Vorsitzenden Thorsten Grabbe war es bereits die zweite Infoveranstaltung. Das Netzwerk mit zwölf abgestimmten Fachgebieten versteht sich als Forum des Mittelstandes, in dem jeder von jedem profitiert. Jedes Ressort gibt es nur einmal; das Spektrum reicht von der Immobilienwirtschaft über Werbung bis zu Finanzen, Wirtschaftsrecht und Personalberatung und Patentrecht. Weitere Informationen gibt es unter
www.kompetenz-netz.net

Artikel vom 01.03.2007